»Russland in die Knie zwingen«

d.a. Washington, schreibt Paul Craig Roberts, hat keine Absicht, eine Lösung der Krise in der Ukraine zuzulassen. Nachdem es Obamas Weisses Haus nicht geschafft hat, das Land zu vereinnahmen und Russland aus seiner Marinebasis am Schwarzen Meer zu vertreiben, sieht die USA jetzt neue Möglichkeiten. Eine davon besteht darin, den Kalten Krieg erneut zu beginnen, indem die russische Regierung dazu gezwungen wird, die russisch sprechenden Gebiete der Ukraine, in denen sich die Demonstranten der durch den amerikanischen Staatsstreich in Kiew installierten Handlangerregierung widersetzen, zu besetzen. Laut Washington und seiner Medien werden die Proteste von der russischen Regierung orchestriert und haben keine echte Basis.

Gesetzt den Fall, Russland schickt Militäreinheiten, um die russischen Bürger in den ehemals russischen Territorien zu schützen, wird diese Vorgehensweise von Washington dazu benützt werden, um Washingtons Propaganda, laut der eine russische Invasion droht, zu bestätigen, so dass Russland noch mehr dämonisiert wird. 

Wie auch Russlands Aussenminister Sergej Lawrow Ende April darlegte, hatte Kiews sogenannte Anti-Terror-Operation in der Ostukraine unmittelbar nach dem Besuch von CIA-Chef John Brennan in Kiew begonnen. Nach der kurzen Unterbrechung im Zusammenhang mit den Genfer Verhandlungen setzte die Regierung, als sich US-Vizepräsident Joe Biden in Kiew befand, den Militäreinsatz fort. »Ich habe also keinen Grund, daran zu zweifeln, dass die Amerikaner das Geschehen unmittelbar bestimmen«, so Lawrow. Victoria Nuland hatte ihrerseits behauptet, die Entwaffnung beträfe nur die Separatisten in der Ostukraine, nicht aber die Okkupanten in Kiew, weil diese inzwischen eine Genehmigung erhalten hätten und deshalb nicht mehr illegal seien. Wie wir schon so oft vermerkt haben, könnte man die eigenen Regierungen durchaus abschaffen und sie durch US-Autoritäten vom Schlage Nuland, CIA und ihrer NGOs ersetzen, da sie es sich so einfach zu machen verstehen, wie es das Beispiel der Genehmigung belegt ……

Bekanntlich hat Didier Burkhalter, derzeit Vorsitzender der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, dem russischen Präsidenten Putin am 8. 5. 14 bei seinem Besuch in Moskau einen 4-Punkte-Plan zur Lösung der Krise in der Ukraine präsentiert. Dieser sieht Beratungen sowohl mit dem Lager der EU-Befürworter als auch mit den pro-russischen Kräften vor und war bereits am 1. 5. Gegenstand von Beratungen zwischen Burkhalter und Steinmeier in Basel gewesen. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Putin betonte Burkhalter: »Es gibt keinen Grund für einen Konflikt zwischen Ost und West«. Der Plan umfasst 4 Schritte: Waffenstillstand, Entwaffnung, Dialog und Wahlen; die Durchführung soll mit einer von der OSZE beaufsichtigten Entwaffnung aller illegal bewaffneten Gruppen beginnen. Wie es heisst, wies das Regime in Kiew die Initiative allerdings praktisch schon zurück und verkündete die Fortsetzung der bewaffneten Intervention gegen die Bevölkerung der Ostukraine. Obwohl die USA zu den Unterzeichnerstaaten des OSZE-Vertrags gehört, nahm die US-Regierung Burkhalters Initiative lediglich zur Kenntnis.

Auch deuten zwei prominente Stellungnahmen der NATO darauf hin, dass die westliche Allianz ihre Eskalationsstrategie gegen Russland fortzusetzen gedenkt. Am 4. 5. hatte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärt, die Allianz sei auf alle Szenarien vorbereitet, auch auf einen militärischen Angriff Russlands auf Estland, wo im Moment laut BBC online vom 17. 5. 14 die grösste NATO-Militärübung, die jemals in dem Land abgehalten wurde, stattfindet. Zwei Tage später erklärte NATO-Oberbefehlshaber General Philip Breedlove, das russische Vorgehen in der  Ukraine hätte ein neues Paradigma geschaffen, auf das der Westen mit einer Neuaufstellung in Europa antworten müsse; letzteres schliesst die Stationierung von Truppen längs der Grenze der NATO zu Russland ein. In Deutschland war Rasmussens Äusserungen vehement widersprochen worden. Peter Gauweiler, führender Bundestagsabgeordneter der CSU, war am 6. 5. mit den Worten zu vernehmen, Rasmussen sei einer der Feuerwehrleute, die offensichtlich gern mit Benzin löschen. Ich halte den Mann für eine absolute Katastrophe.Am 7. 5. sagte Egon Bahr, die graue Eminenz der Bonner Ostpolitik der 70er Jahre, in der Talkshow von Maybrit Illner über Rasmussen: »Der Generalsekretär tut gern so, als sei er General. In Wahrheit ist er nur Sekretär.«  Und am 8. 5. warnte der stellvertretende Vorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki, Rasmussens Politik führe direkt in einen Konflikt mit Russland. »Das kann niemand wollen. Denn Rußland ist eine Nuklearmacht.« Es passe »zur unerträglichen Arroganz von US-Präsident Obama, Rußland als  Regionalmachtzu bezeichnen. So gehe man mit einer Nuklearmacht nicht um. Die OSZE-Initiative hat die volle Unterstützung von Kubicki, Bahr und Gauweiler als derzeit einzig verfügbare Möglichkeit, den Konflikt zu entschärfen. Matthias Platzeck, ehemals Chef des Bundeskanzleramts und neuer Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums, berichtete von einer Veranstaltung, bei der die Bemerkung fiel: »Noch drei Reden von Rasmussen und wir haben einen Krieg.« Platzeck empfahl, die Wahlen in der Ukraine zu verschieben, da der Osten des Landes sich in der gegenwärtigen aufgeheizten Lage nicht daran beteiligen würde.  

Zuvor hatte Alexander Vershbow, der frühere US-Botschafter in Russland und gegenwärtig der zweite Mann in der Befehlskette der NATO  - als Amerikaner hat er das Sagen -  schon am 1. Mai kundgetan, dass Russland kein Partner mehr sei, sondern ein Feind. Journalisten liess er wissen, dass es die NATO aufgegeben habe, Moskau näher an sich zu ziehen, und diese bald eine grosse Zahl von Kampftruppen in Osteuropa einsetzen werde. Vershbow bezeichnete diese aggressive Politik als Einsatz von defensiven Aktivposten in der Region. Anders gesagt, führt Roberts aus, haben wir hier wieder die Lüge, dass die russische Regierung Angriffe gegen Polen, die Baltischen Staaten, Rumänien, Moldawien sowie gegen Georgien, Armenien und Aserbaidschan unternehmen wolle. Indessen möchte der Heuchler Vershbow das Militär dieser Staaten modernisieren und so die Gelegenheit ergreifen, um Tatsachen den Boden zu bereiten, die es ermöglichen, die Aufnahme von Bewerberländern, die eine Mitgliedschaft in der NATO anstreben, zu akzeptieren. Gleichzeitig hatte er der russischen Regierung signalisiert, sie möge sich weiterhin auf den guten Willen und die Vernunft des Westens verlassen, ein Rat, der dem Westen Zeit lässt, eine genügend grosse Anzahl militärischer Kräfte in Stellung zu bringen, um Russland davon abzuhalten, seinen unterdrückten Bürgern in der Ukraine zu Hilfe zu kommen. Die russische Regierung, so Roberts, hat versucht, die Ukraine intakt zu halten, indem sie darauf gesetzt hat, dass die ins Auge gefassten Wahlen realistischere Anführer ins Amt bringen werden als die von Washington installierten Handlanger. Indessen will Washington gar keine Wahl, die diese ersetzen könnte, damit es zu einer Lösung kommt. Es kann leicht sein, dass Washington seine Handlanger in Kiew anweist, zu erklären, dass die von Russland (!) über die Ukraine gebrachte Krise einer Wahl im Wege stehe, eine Behauptung, die Washingtons NATO-Hampelstaaten natürlich stützen würden. 

Der Zeitpunkt naht, an dem Russland entweder handelt, um die Krise zu beenden, oder eine andauernde Krise in seinem Hinterhof akzeptieren muss. Die von Kiew gegen die Demonstranten in Slavyansk unternommenen Luftangriffe hatten den Sprecher der russischen Regierung, Dmitry Peskov, am 2. Mai zu der Aussage veranlasst, Kiews gewaltsames Vorgehen habe die Hoffnung auf Deeskalierung der Krise durch das Genfer Abkommen zerstört. Peskov hatte aber dennoch zum Ausdruck gebracht, dass er hoffe, die europäischen Regierungen und Washington würden die Regierung in Kiew unter Druck setzen und den Demonstranten auf eine Weise entgegenkommen, dass die Ukraine zusammengehalten und die Beziehungen zu Russland wieder hergestellt werden könnten. Das, so Roberts, ist eine trügerische Hoffnung, die davon ausgeht, »dass die Wolfowitz-Doktrin nur so dahergeredet ist; aber dem ist nicht so. Die Wolfowitz-Doktrin ist die Grundlage der Politik der Vereinigten Staaten gegenüber Russland (und China). Diese Doktrin betrachtet jede Macht, die stark genug ist, um unabhängig von Washingtons Einfluss zu bleiben, als feindlich und stipuliert: Unser an erster Stelle stehendes Ziel ist es, das Wiedererstarken eines neuen Rivalen, sei es auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion oder anderswo, der eine Bedrohung in dem Ausmass darstellt, wie es die Sowjetunion war, zu verhindern. Das ist die dominierende Überlegung, auf der die neue Strategie der regionalen Verteidigung beruht, und diese verlangt, dass wir bestrebt sind, jede feindliche Macht davon abzuhalten, eine Region zu beherrschen, deren Ressourcen unter einer konsolidierten Kontrolle ausreichend wären, um eine globale Macht zu erzeugen. Die Wolfowitz-Doktrin rechtfertigt Washingtons Beherrschung aller Regionen. Sie geht Hand in Hand mit der neokonservativen Ideologie der Vereinigten Staaten als einem unentbehrlichen und aussergewöhnlichen Land, das dazu berufen ist, die Welt zu beherrschen

Wie Willy Wimmer, Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, ehemaliger Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium und Experte für globale Sicherheitspolitik, festhält, »hat auch US-Außenminister Kerry bei einer Rede vor dem Atlantic Council laut Medienberichten deutlich gemacht, daß jede enge Kooperation wirtschaftlicher Art zwischen der EU und der Russischen Föderation die Vormachtstellung des globalen und von der USA geführten Blocks gefährde. Damit wird die Politik der bedingungslosen Kapitulation gegen Überlegungen zu einem gemeinsamen Haus Europa und der friedlichen Koexistenz gestellt.« [1]  Was letztere betrifft, so scheint sie eher weiterhin in die Ferne gerückt, macht man sich die von Herman Van Rompuy, dem demokratisch nicht legitimierten Präsidenten des Europarats am 2. Mai  ausgesprochene Zielrichtung bewusst: »Die globalistische Europäische Union werde letztendlich jedes Land an der russischen Westgrenze kontrollieren.« Dies sei, so die flämische Tageszeitung De Standaard, Rompuys Vision; dieser halte es für einen inspirierenden Gedanken, dass sich alle Balkanstaaten, die früher einmal zum sowjetischen Machtbereich gehörten, sowie das gesamte europäische Gebiet ausserhalb Russlands mit der Europäischen Union verbinden würden. Rompuy erklärte ferner, auch wenn die Unterstützung für derartige Bemühungen in der Öffentlichkeit sehr gering sei, »werden wir es dennoch machen.« Damit, heisst es, warf er auch ein Licht auf den wahren Charakter eines ernannten, aber nicht gewählten hochrangigen globalistischen Bürokraten. Ron Paul schrieb diesen März, die amerikanische Bevölkerung lehne mit überwältigender Mehrheit die Einmischung der USA in die Ukrainekrise ab. Aber, führt hierzu Kurt Nimmo aus, dies ist für die herrschende Elite und ihre Propaganda-Medien natürlich kein Anlass, ihre Politik zu ändern. Trotz des deutlichen Mehrheitswillens der Bevölkerung werden die Vereinigten Staaten zusammen mit der EU ihre Politik der Provokation fortsetzen und darauf hinarbeiten, den Konflikt in der Ukraine und entlang der russischen Westgrenze noch zu verschärfen. Van Rompuy und die amerikanische Führung, darunter auch viele Mitglieder des Kongresses, stimmen in dieser Hinsicht völlig überein. Bereits am 5. Februar hatte Rompuy mit Entschiedenheit erklärt: »Die Zukunft der Ukraine gehört der EU. …….  Die Zugehörigkeit zur EU würde die Demokratie garantieren.« Es ist geradezu unglaublich, mit welcher Unbeschwertheit Rompuy hier eine Behauptung zur EU-Demokratie ausspricht, deren Form inzwischen von einer nicht zu unterschätzenden Anzahl von Bürgern mehr als infrage gestellt wird. Denn wie demokratisch ist die EU, bedenkt man, dass zahlreiche Entscheidungen hinter verschlossenen Türen erfolgen, nationale Verfassungen wiederholt verletzt wurden, und Vertreter ihrer Institutionen mit Rechtsimmunität ausgestattet sind. 

Im übrigen hatte auch Sarkozy anlässlich des Besuchs von Juschtschenko im September 2008 im Elysée erklärt, die Ukraine habe eine europäische Bestimmung, obwohl die Ukraine auf Grund ihrer Lage viel eher als Partner Russlands zu sehen ist. Indessen war sie bereits im April 2000 von der Financial Times als strategischer Schlüsselpartner der USA bezeichnet worden und Washington sah sie schon in der NATO und in der EU. Am 24. Oktober 2002 liess dann die Financial Times Deutschland ihre Leser wissen, dass die vollständige Integration des Balkans und der Ukraine in die euroatlantischen Institutionen gemäss den Wünschen Washingtons im Jahr 2010 abgeschlossen sein sollte. Am 13. Februar dieses Jahres sprach sodann Henry Kissinger in einem CNN-Interview offen aus, dass die USA die Fäden in der Ukraine zieht. Auf die an ihn gestellte Frage, ob er glaube, dass Putin die Entwicklungen in der Ukraine genau beobachte und annehme, dass der Westen und die USA so vorgingen, um Russland zu umzingeln, antwortete er: »Ich glaube, er denkt, dass dies eine Generalprobe für das ist, was wir in Moskau machen wollen: ein regime change. Und die Tatsache, dass dies so kurz vor den Spielen in Sotschi geschieht, wird ihm das Ganze umso verdächtiger vorkommen lassen. Putin ist der Meinung, dass der Zerfall der Sowjetunion ein grosses historisches Desaster war.« Im Juni 2008 schrieb Hauke Ritz: »Nun geht es nur noch darum, nach den Ölfeldern im Irak auch die im Iran zu sichern und Arabien, Georgien, Aserbaidschan, Tadschikistan, Kirgisien, Südasien und Kasachstan verläßlich an die USA zu binden. Dann würde nämlich Amerika mit der Hochfinanz im Rücken 70 % der Öl- und Erdgasreserven kontrollieren, um die amerikanische Vormachtstellung auf lange Zeit zu sichern. Mit Obama als Marionette der Trilateralen Kommission sehen Zbigniew Brzezinski und David Rockefeller dieses Ziel in greifbarer Nähe. Daß Obama jemals eine politische Identität annehmen wird oder zu einem unabhängigen politischen Urteil gelangen wird, ist in höchstem Maße unwahrscheinlich, denn er ist seinen trilateralen Förderern alles schuldig und diese kontrollieren ihn von Kopf bis Fuß.«  [2]  Anfang Mai hat Zbigniew Brzezinski mit einem Vorschlag aufgewartet, der allerdings niemanden erstaunen sollte, der mit den Strategien des vormaligen Sicherheitsberaters Jimmy Carters hinlänglich vertraut ist: Er hat Obama dazu geraten, sich vorzubehalten, die Ukrainer zu bewaffnen, was auf die Bildung von ukrainischen Paramilitärs hinausliefe; diese sollten die pro-russischen Verbände in einen Häuserkampf ziehen. So lasse sich Rußland in die Knie zwingen. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten zitieren Brzezinski hierzu wie folgt:  

»Möglicherweise könnte sich die USA auf einen lang andauernden bewaffneten Konflikt in der Ukraine einstellen. Im offenen Feld hätten die Ukrainer keine Chance. Doch eine erfolgreiche Stadtverteidigung sei möglich, wenn die Ukrainer über Panzerfäuste, Anti-Panzer-Waffen und einige Verbände verfügen würden. Diese Waffen müßten sie vom Westen erhalten. Ohne diese Unterstützung sei ein bewaffnetes Vorgehen nicht möglich. Obama müsse zeigen, daß die Aggression der Russen zu einem langfristigen Konflikt führen könnte. Das wäre dann mit enormen finanziellen Kosten für Rußland verbunden; und die wiederum könnte der Kreml auf lange Sicht nicht aufbringen«, so der US-Stratege in einem Artikel für das Politico Magazine.« »Offenbar, führen die DWN aus, weiß Brzezinski, daß Rußland in der konventionellen Kriegsführung der Ukraine überlegen ist. Deshalb möchte er die pro-russischen Verbände in der Ukraine in einen massiven Häuser- und Straßenkampf drängen. Doch der Kreml-Gegner Brzezinski äußert auch Kritik an Obama. Dieser müsse die amerikanische Bevölkerung über die internationale Tragweite des Ukraine-Konflikts informieren. Für die weiteren Schritte sei Überzeugungs-Arbeit unabdingbar. Vielen Amerikanern sei nicht bewußt, daß die Welt vor einer internationalen Krise steht.« Wie nicht anders zu erwarten, unterschlägt Brzezenski in aller Seelenruhe, wie Washington und die EU mit vereinten Kräften dafür gesorgt haben, dass die Krise ins Rollen kam; und was das Überzeugen der US-Bürger angeht, so kann dieses angesichts der verfolgten Einkreisung Russlands lediglich in Form einer gründlichen Gehirnwäsche geschehen. 

In Europa gibt es inzwischen massiven Widerstand sowohl gegen die Russland einengenden Sanktionen als auch gegen eine Osterweiterung der NATO, dies auch in Ländern, deren Regierungen der harten Linie Washingtons folgen. Der ehemalige Inspekteur der Bundeswehr, General Harald Kujat, hatte Ende April erklärt, Sanktionen wären eine Bankrotterklärung der Politik und würden Deutschland mehr schaden als Russland. Wimmer, der über Jahrzehnte hinweg auf höchster staatlicher Ebene Gespräche geführt hat, liess seine Stellungnahme am 5. Mai auf Cashkurs veröffentlichen:  

Frau Bundeskanzlerin, es ist eine Schande! Statt eines Briefes!  

Da verbrennen vor wenigen Stunden in Odessa zahllose Menschen in einem Gebäude, das von einem entfesselten Mob mit Brandbomben angezündet worden ist. Da werden vor einigen Wochen auf dem Maidan-Platz Massaker verübt. Wo ist der Aufschrei westeuropäischer Regierungen? Wo sind die Beschlüsse der internationalen Organisationen, die ansonsten nicht müde werden, Untersuchungskommissionen in opportune Länder entsenden zu wollen?

Wo sind die Sondersitzungen, die Deutschland und damit die von Ihnen, Frau Dr. Merkel geführte Bundesregierung in diesen Organisationen beantragt? Sie können und wollen sich offensichtlich darauf verlassen, von einer Presse gedeckt zu werden, die dieses Spiel jetzt in der Ukraine nicht zum ersten Male mitmacht: Ignorieren, verharmlosen, herunterspielen, wegsehen. 

Anders kann niemand das Verhalten der Bundesregierung und von Ihnen persönlich, Frau Dr. Merkel, bezeichnen. Widerlich und gegen jede humanitäre Regung, die auch bei einem Mitglied der Junta in Kiew vorhanden sein sollte, sind die in der internationalen Presse zitierten Äußerungen führender Repräsentanten der neuen Machthaber in der Ukraine. Allein diese Äußerungen müßten Anlaß genug sein, diesen Kräften die Aufklärung der Verbrechen aus der Hand zu nehmen. 

Anderenfalls müßten Sie den deutschen Botschafter in Kiew solange nach Berlin zurückberufen, bis die Ergebnisse internationaler und neutraler Beobachter für die Massaker in Kiew und Odessa vorliegen. Seit wann werden durch eine Bundesregierung Massaker dieser Art durch Unterlassung gebotener nationaler und internationaler Schritte billigend in Kauf genommen? 

Durch das feige Vorgehen, die Hände in den Schoß zu legen, fördern Sie nichts anderes als die offenbar bei führenden Vertretern der neuen Kiewer Ordnung vorhandenen Killerinstinkte gegenüber denen, die als ihre Bürger gleichzeitig ihre Schutzbefohlenen sind. 

Die Ereignisse überall dort in der Ostukraine, wo Panzer und Kampfflugzeuge gegen die Menschen vorgehen, machen nach den Berichten westlicher Medien klar, daß  - zusammen mit regulären Streitkräften -  rechte Schutzstaffeln in gleicher Zielrichtung vorgehen, wie dies durch die regulären Streitkräfte geschieht. Sind das die berühmten europäischen Standards, gemäß denen Panzer und Artillerie gegen demonstrierende Menschen eingesetzt werden? 

Seit wann koordinieren im Amt befindliche Machthaber ihre Aktivitäten mit Kräften, die der Bundesrat in Deutschland vom Bundesverfassungsgericht verboten sehen will? Ist der National-Sozialistische Obergrund in der NATO, in der EU und in der OSZE hoffähig? Wir können uns noch gut daran erinnern, mit welcher Verve das europäische Beil über eine österreichische Regierung niedersauste, weil Herr Haider aus Kärnten ihr angehört hat. 

Die Bundesregierung und vor allem die USA berufen sich doch so gerne auf Präzedenzfälle, wenn es ihnen paßt. Und der Rechte Sektor, wie der braune Mob in Kiew verharmlosend genannt wird, ist kein Grund dafür, der Junta in Kiew die Karten zu legen? Was soll vor diesem Hintergrund Ihre Ankündigung im Rosengarten in Washington, nach der der 25. Mai 2014 und die Wahlfarce im Bürgerkriegsgebiet Ukraine eine Deadline für weitere Sanktionen auf der Kriegsspur gegen Rußland sein werden und sollen? 

Sie und Präsident Obama haben sich doch schon längst zur Partei auf Seiten der Kiewer Junta gemacht. Es ist offensichtlich, daß jede Verhandlung mit der Russischen Föderation nur dazu benutzt wird, die Junta in Kiew anschließend von der Leine zu lassen, um die gerade getroffene Vereinbarung in der Luft zu zerfetzen. So ist man vor dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien schon mittels der kosovo-albanischen UCK vorgegangen. Verhandlungen als diplomatische Waffe zwecks Erreichen des Kriegszieles: Damit führen Sie Verhandlungen, die diesen Namen verdienen, ad absurdum. 

Das sind Geschehnisse, die nicht nur in der benachbarten Ukraine ablaufen. Wie anders sind Überlegungen aus dem Amtsbereich des Bundesinnenministeriums zu verstehen, nach denen die ohnehin handzahme deutsche Mainstream-Presse staatliche Geheimnisse besser und wirksamer achten sollte. Haben Sie das Ihrem Gastgeber in Washington zugesagt oder ist es nur eine Weisung der NSA oder einer amerikanischen Anwaltskanzlei? Wir wissen doch, wie geheimhaltungsbedürftige Sachverhalte bei einer deutschen Regierung behandelt werden. 

Der Stempel geheim soll die Kontrolle darüber gewährleisten, daß der Richtige die darin geschützte Information an die Vorzugspresse durchsticht. Deutschland schützt sogar Geheimnisse, die zu politischen Zwecken erfunden werden. Das konnte jeder an dem angeblichen Abkommen zwischen Brandt und Nixon über die ehemals vorhandenen Standorte für chemische Waffen in Deutschland feststellen. Ein Abkommen dieser Art hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben, obwohl die Führungsspitze der Bundeswehr etwas anderes immer und immer wieder behauptet hat. 

Soll das jetzt wieder die Norm werden, oder planen Sie gar, das Niveau eines totalitären Überwachungsstaates, wie es Großbritannien nach einer ausführlichen Berichterstattung in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 3. Mai 2014 darstellt, zwecks Kompatibilität von Verfahren bei NATO-Staaten zur Geheimhaltung unliebsamer Sachverhalte auch bei uns einzuführen? Wenn das zutrifft, was die FAZ schreibt, müßte das Auswärtige Amt in Berlin eigentlich eine Reisewarnung für Deutsche, die nach Großbritannien reisen wollen, herausgeben. 

Oder man läßt Schottland in der Europäischen Union und England muß einen Aufnahmeantrag stellen, der natürlich nicht angenommen werden kann? Dann braucht man in London keine Referenden über den Verbleib in der EU mehr zu stellen. Frau Bundeskanzlerin, der 25. Mai darf nicht die Deadline für den Krieg sein. Es ist schlimm genug, dass Ihnen mit Ihrer Vorgehensweise unser Europa zwischen den Fingern zerrinnt.  [3] 

Präsident Putin, legt Wimmer dar, wird wohl noch wissen, wie ihn die Bundeskanzlerin bei Präsident Obama mit der Bemerkung angeschwärzt hat, er, Präsident Putin, lebe gleichsam auf einem anderen Stern. Man kann den Russen – wie übrigens uns Deutschen – eine Menge nachsagen. Man sollte dennoch einige Grundwahrheiten kennen: 

-  Selbst in den miesesten Zeiten waren die Russen im Kernbereich der Beziehungen, den wirtschaftlichen Verbindungen, stets penibel vertragstreu.

-  Die USA hat zweimal Weltkriege mitgeführt, weil sie die Gegenküste, was ihren Einfluss anbelangt, an zwei Ozeanen in Gefahr sah.

-  Da wir in diesem Jahr an den Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges besonders denken, wird jeder, der das heutige Vorgehen der USA anderen Staaten gegenüber betrachtet, nicht mehr daran glauben, was der Versailler Vertrag noch glaubte, Wilhelm II. in die Schuhe schieben zu können.     

Noch ist es Zeit, schreibt Karl Müller, etwas zu tun. Man muss dem Monster die Maske abziehen. Die Belege dafür, dass die USA kein Interesse daran hat, eine diplomatische Lösung des Konflikts im Osten Europas zu finden, liegen vor. Das eine Chance für eine friedliche Lösung bietende Genfer Abkommen wurde von vornherein torpediert. US-Vizepräsident Biden reiste wenige Tage nach der Unterzeichnung des Abkommens nach Kiew und tat nichts dafür, die politischen Scharfmacher in Kiew zu mässigen; im Gegenteil. Europa muss sich von dieser US-Politik freimachen. Als US-Vasall in den Untergang gehen, ist das eine verlockende Perspektive?  [4]   

 

Quellen  - auszugsweise:

http://www.paulcraigroberts.org/2014/05/02/washington-intends-russias-demise-paul-craig-roberts/  May 2, 2014  Washington Intends Russia’s Demise - by Paul Craig Roberts 
veröffentlicht durch www.antikrieg.com   
Stragegic Alert Jahrgang 27, Nr. 18 vom 30. April 2014 
Stragegic Alert Jahrgang 27, Nr. 19 vom 20.  14 Mai 2014 
Ukraine: OSZE schlägt Friedensplan vor, NATO antwortet mit Eskalation  

[1]  http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=1788  Nr. 10 vom 6. 5. 14 
Aggressor – für weiteres Vorgehen verzweifelt gesucht - von Willy Wimmer 
[2]  http://www.jungewelt.de/2008/06-28/026.php  28.6.08   Die Welt als Schachbrett - Der neue Kalte Krieg des Obama-Beraters Zbigniew Brzezinski (Teil I)
Von Hauke Ritz 
[3] http://www.cashkurs.com/kategorie/wirtschaftsfacts/beitrag/frau-bundeskanzlerin-es-ist-eine-schande-statt-eines-briefes/  5. 5. 14  Frau Bundeskanzlerin, es ist eine Schande! Statt eines Briefes!  Von Willy Wimmer 
[4]  http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=1789  Nr. 10 vom 6. 5. 14  Der «Westen» und Russland Arbeiten die Nato-Staaten bereits an der Kriegsschuldfrage? - von Karl Müller

Siehe hierzu auch
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1989   
Alle Macht an Brüssel - Von Russland keine Rede 23.08.2012