Grobe Unwahrheiten gegen die Goldinitiative

Der Münchner Wirtschaftswissenschafter Hans-Werner Sinn, Direktor des dort wirkenden

ifo-Wirtschaftsinstituts, ist, wie Ulrich Schlüer ausführt, nicht nur ein ausgewiesener Währungsexperte. Er spricht auch Wahrheiten aus, In dem mit dem Schweizer Monatgeführten Interview, das in der Mai-Ausgabe veröffentlicht ist, äussert er sich zum Stand der Überschuldungskrise und der damit zusammenhängenden Euro-Krise wie folgt: »Wir bewegen uns tatsächlich weg von der freien Marktwirtschaft, und zwar hauptsächlich dadurch, dass die europäischen Institutionen in riesigem Umfang Investitionslenkung betreiben. Einmal durch die Europäische Zentralbank EZB als Hauptakteur, dann aber auch durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM. Beide lenken öffentliches Kapital nach Südeuropa und geben dem privaten Kapital Geleitschutz auf dem Weg an Orte, an die es eigentlich gar nicht mehr hinwill. Dort ist in den letzten zehn Jahren sehr viel Kapital verbrannt worden; das Kapital hat erkannt, dass es ein Fehler war, dorthin zu gehen, die Politik aber will die Korrektur des Fehlers verhindern und drängt das Kapital weiterhin südwärts. Natürlich, die EZB ist keine demokratische Institution, sondern wird von einem technokratischen Gremium geleitet, das unter dem Deckmantel der Geldpolitik fiskalische Kreditoperationen durchführt. Faktisch ist die Geldpolitik Fiskalpolitik und die EZB zur Bail-out-Institution, ja fast kann man sagen Bad Bank Südeuropas geworden, ohne dass sie dafür je ein Mandat erhalten hätte. Das sind bedrohliche Entwicklungen, die eigentlich weder aus demokratischer noch aus marktwirtschaftlicher Sicht so hingenommen werden sollten.«  

Der Euro bleibt Krisen-Verursacher  
Professor Sinn illustriert mit diesen Aussagen, warum die Wirtschaft in den europäischen Ländern gegenüber dem asiatischen Raum gegenwärtig so dramatisch zurückfällt. Ein Unternehmer, der auf den Erfolg der eigenen Firma ausgerichtete Entscheidungen trifft, bleibt mit seinem Unternehmen sicherlich nicht in einem jener Länder, in welchem ihm ständig neue Maxima an Steuerbelastungen aufgebürdet werden, um den unrettbar im Schuldensumpf Südeuropas ertrinkenden Euro mit Milliarden-Transfers, die aus den Steuerzahlern abgenommenen Geldern bestehen, am Leben zu erhalten. Und letzteres ist absehbar vergeblich – weil der Euro schlicht nicht markttauglich ist.  Selbstverständlich gibt es Schweizer, welche glauben, dieser bedrohlichen Entwicklung gegenüber Gleichgültigkeit demonstrieren zu können: Die Schweiz sei ja kein Euro-Land. Was also kümmert uns die Euro-Krise. Dass wir von deren Niedergang nicht betroffen wären, ist allerdings Illusion. Denn die Schweiz, der Bundesrat und die Nationalbank haben unsere gesunde Währung, den Franken, fest an den dahinsiechenden Euro gebunden. An jenen Euro, der  - zusätzlich zu den Transfers in die Schuldenlöcher der bankrotten Südländer -  nur mittels Zinsnullung am Leben gehalten werden kann – also mittels politisch, an allen Marktgesetzen vorbei durchgesetzten Niedrigstzinsen.  

Die Folgen der Zinsnullung‹ 
Was bedeutet die politisch verordnete Zinsnullung für den Einzelnen? Sie bedeutet, dass dem Sparer die Früchte seines Sparens, nämlich der Zins auf dem von ihm Ersparten, vorenthalten bleibt – in Wahrheit gestohlen wird. Der Sparer ist jenen Räubern, welche den Sparern die ihnen zustehenden Guthaben rauben, um sie den Überschuldungsverbrechern im Süden Europas zuzustecken, völlig schutzlos preisgegeben. Zinsnullung heisst, dass sich die
Verursacher der Schulden an den Zinsen der Sparer, an den Renten, an den Pensionsguthaben für die heute noch im Arbeitseinsatz stehenden Generationen, an den von den Lebensversicherern angehäuften Sparguthaben, skrupellos bereichern können: auf Kosten aller, die für ihre Arbeit einen Lohn in Form einer Geldleistung erhalten, und die diesen Lohn im Moment, da sie ihn bekommen, nicht sofort verschleudern. Zinsnullung heisst von den Schuldenverursachern zu Lasten der soliden Sparer angeordneter Zinsraub. Uneinsichtige können dazu ihren Standpunkt wiederholen: Dieser ganze Raubzug auf die Zinsen der Sparer schere die Schweizer nicht, solange die Schweiz kein Euro-Land sei, solange wir noch eine eigene Währung hätten.   

Der Franken: An den maroden Euro gefesselt  
Ihr Einwand wäre zutreffend, wäre unsere Währung nicht fest an den Euro gebunden. Um es zum x-ten Mal zu wiederholen: Mitte 2011, als der Euro dem freien Fall anheimzufallen drohte, gab es für unsere Nationalbank im Landesinteresse kaum eine andere Lösung als die Festlegung eines Mindestkurses, dessen Unterschreitung Nationalbank-Interventionen an den Devisenmärkten auslösen würde. Diese Massnahme wurde jedoch seinerzeit ausdrücklich als vorübergehend etikettiert. Sie würde nur solange in Kraft bleiben, als sich der Euro nicht selbst auffangen könne. Dies ist inzwischen bereits vor vielen Monaten geschehen. Der Euro hält sich, wenn auch knapp, aus eigener Kraft auf einem Kurs von über Fr. 1.20. Die Nationalbank aber will nichts mehr davon wissen, dass sie ihre Mindestkurspolitik seinerzeit ausdrücklich als vorübergehende Notmassnahme bezeichnet hatte. Dass die Nationalbank in diametralem Gegensatz zu ihrem damaligen Versprechen an dieser Politik festhält, ist Wortbruch. Ein Wortbruch, der jetzt auch noch dazu benutzt wird, dem Schweizervolk offensichtliche, schwerwiegende Unwahrheiten als angebliche Argumente gegen die Goldinitiative aufzutischen.  

Die Forderung der Goldinitiative 
Die Goldinitiative verlangt bekanntlich, dass der Goldanteil an den Aktiven der Nationalbank mindestens 20 % betragen müsse. Sie räumt zur Erreichung dieses Ziels eine Übergangsfrist von 5 Jahren ein. Als Folge der überstürzten, als vorübergehende Rettungsmassnahme gedachten Zukäufe von über 300 Milliarden Euro innert weniger Wochen entsprechen die sich noch im Besitz der Nationalbank verbliebenen 1.040 Tonnen Gold einem Anteil von nur noch 7 % an den Nationalbank-Aktiven. Wenn Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf – auf dieses Missverhältnis hinweisend – neuerdings unterstellt, die Goldinitiative würde der Nationalbank sofortige Goldkäufe in der Grössenordnung von rund 2000 Tonnen zumuten, dann bedient sie sich einer geradezu bombastischen Unwahrheit. Die Goldinitiative verlangt von der Nationalbank überhaupt keine Goldzukäufe. Aber sie verlangt, dass sie ihren 2011 abgegebenen Versprechen endlich nachkommt und die in Massen zu dessen Kursstützung aufgekauften Euros Schritt für Schritt  - die Initiative gewährt ja die erwähnte Übergangsfrist von 5 Jahren -  wieder abstösst, bis der unveränderte Goldbestand wieder 20 % an den Nationalbank-Aktiven erreicht. Wohlgemerkt: Die Goldbestände gefährden die Nationalbank-Bilanz in keiner Art und Weise. Enorme Gefahren bergen indessen die viel zu grossen Bestände an maroden Devisen. Eine Korrektur dieses Missverhältnisses läge im ureigenen Interesse der Schweizer. Denn Nationalbankreserven sind Volksvermögen und keine Manipuliermasse für der Europhilie huldigende Politiker und spekulierende Banker. 

Die Sünden der Vergangenheit
Ruft man sich gleichzeitig in Erinnerung, wie kopflos und fahrlässig und zu welch miserablem Preis die Nationalbank vor 10 Jahren weit mehr als die Hälfte ihrer damaligen Goldreserven unter Erpressungsdruck der USA sinnlos verschleudert hat, dann darf immerhin erwähnt werden: Hätten diese kopflosen Verkäufe nicht stattgefunden, betrüge der Goldanteil an den Nationalbank-Aktiven heute, trotz der massiven Zukäufe gefährdeter Devisen, noch immer gegen 15 %. Angesichts der Vorgänge auf den Devisenmärkten wäre die Nationalbank also tatsächlich gut beraten, allerdings nicht gezwungen, das Gold-Fundament zugunsten der Stabilität des Schweizer Frankens Schritt für Schritt wieder zu erhöhen. Ein ausreichender Goldbestand sichert der Schweiz die Eigenständigkeit ihrer Währungspolitik. Sie schützt den Sparer, den Rentner, den Pensionsberechtigten, den Lohnabhängigen vor Zinsraub und fahrlässiger Geldentwertung durch jene Schuldner, die im Euroraum gegenwärtig das Sagen haben. Die Goldinitiative verlangt nichts anderes als eine in erster Linie Schweizer Interessen dienende Währungspolitik. Sie verlangt die Abnabelung unserer Verantwortungsträger von den Schuldenmachern im Euro-Raum. 


Quelle: 
http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/news/der_franken_und_das_eurodesaster-1732   Der aktuelle Freitags-Kommentar der «Schweizerzeit» vom 9. Mai 2014 von Ulrich Schlüer, Chefredaktor der «Schweizerzeit»