EU-Schleichbeitritt

Nein zu einem schleichenden EU-Beitritt; keine Sanktionen gegen die Schweiz

von Seiten der EU. Dem vorliegenden Rahmenabkommen, Stand Januar 2014, sind folgende Details zu entnehmen: 

01  Der Weg und das Ziel 
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  Der Bundesrat bekennt sich zum »Bilateralen Weg«. Bezüglich des damit zu erreichenden Ziels weicht er jeder Frage aus.

-  Ein elementares wirtschaftliches Bedürfnis der Schweiz für weitere bilaterale Abkommen mit der EU wird von keiner Seite angemeldet.

-  Hingegen bekennt sich der Bundesrat laufend zu dem Ziel, die Schweiz an der Vereinheitlichung des Rechts [Rechtshomogenität] in Europa zu beteiligen.

-  An der Rechtshomogenität in Europa kann sich der Bundesrat nur durch Verzicht auf die Rechtssetzungshoheit der Schweiz und durch Abtretung der Rechtssetzungskompetenz an Brüssel beteiligen.

-  Dazu hat ihm auch Professor Daniel Thürer in seinem Geheimgutachten, das inzwischen der Geheimhaltung entrissen worden ist, geraten.

-  Thürers Quintessenz: Wenn die EU für die Schweiz nicht mehr eine Vereinigung von Staaten darstelle, wenn ihr vielmehr als Rechtsgemeinschaft die Autorität des für ganz Europa das verbindliche Recht erlassenden Organs zuerkannt werde, dann sei der EU-Beitritt sogar ohne Volksabstimmung möglich.

-  Eine Rechtsgemeinschaft treffe keine Beschlüsse, zu denen ein Drittland Ja oder Nein sagen könne. Die Rechtsgemeinschaft bestimme vielmehr die allein verbindliche Rechtsordnung. Wer sich ihr entziehe, sei kein Rechtsstaat. Wer Rechtsstaat ist, anerkenne die rechtsetzende Oberhoheit der Rechtsgemeinschaft.

-  Der Bundesrat hat das Bundesgericht inzwischen aufgefordert, den Rechtsdialog mit dem EU-Gerichtshof aufzunehmen mit dem Ziel, die Rechtshomogenität zwischen Lausanne und Luxemburg herbeizuführen.

-  Der EU-Gerichtshof nimmt nicht bloss die Position der höchsten Instanz der Rechtsprechung in der EU ein. Es ist ihm zusätzlich die Aufgabe übertragen worden, die Vereinheitlichung des Rechts im Sinne der EU in Europa durchzusetzen.  

02  Vom › Non-Paper‹ zum Verhandlungsmandat 
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 2011 hat EU-Kommissionspräsident Barroso der Schweiz mitgeteilt, weitere bilaterale Verhandlungen zwischen Brüssel und Bern kämen nur noch dann in Betracht, wenn Bern zuvor die institutionelle Einbindung der Schweiz in den EU-Entscheidfindungsprozess und in die EU-Rechtssprechung vollzogen habe.

-  Der Bundesrat beugt sich diesem Ansinnen. Er sucht dafür einen Weg, für den er die Zustimmung auch des Souveräns als erreichbar erachtet.

-  Im Non-Paper von Mitte 2013 wurden die drei Säulen der institutionellen Einbindung gemeinsam mit der EU festgelegt:

1.  Übernahme allen EU-Rechts durch die Schweiz zu allen Bereichen, die heutige und künftige bilaterale Verträge berühren [faktisch: Übernahme des acquis communautaire]

2.  Anerkennung des EU-Gerichtshofes als höchste Instanz bei Meinungsverschiedenheiten in der Auslegung von Verträgen.

3.  Sanktionsrecht der EU gegen die Schweiz, wenn diese aus irgendwelchen Gründen – z.B. wegen eines Volksentscheids – einen Entscheid des EU-Gerichtshofs nicht übernimmt.

-  In den Konsultationen der Aussenpolitischen Kommissionen (APK) beider Räte sowie der Konferenz der kantonalen Regierungspräsidenten erhielt der Bundesrat Grünes Licht für ein diesem Konzept entsprechendes Verhandlungsmandat.

-  Die Schweiz verhandelt also darum, EU-Recht für die Schweiz als verbindlich zu erklären. Drei Ausnahmen dazu sind vorgesehen:

1.  Die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit,

2.  Das Unionsbürgerrecht,

3.  Gewisse Bestimmungen zum Güterverkehr.

-  Ausserdem gibt die Schweiz den Urteilen des EU-Gerichtshofs im Gegensatz zur EU den Charakter von Empfehlungen, so dass politische Instanzen  - bzw. die Verwaltung und nicht fremde Richter -  das letzte Wort zur Übernahme von EU-Recht durch die Schweiz sprechen.

-  Entgegen ersten Verlautbarungen von Staatssekretär Yves Rossier behauptet der Bundesrat, mit diesen Schritten in Richtung Rechtshomogenität mit der EU erfolge keine automatische, vielmehr eine dynamische Übernahme von EU-Recht. Ein Unterschied zwischen automatischer und dynamischer Rechtsübernahme wird freilich nicht sichtbar.

-  Das Verhandlungsmandat zum Rahmenvertrag mit der EU enthält zahlreiche Angebote der Schweiz an die EU – inklusive weitere Kohäsionsmilliarden. Forderungen seitens der Schweiz an die EU erscheinen keine.

- Obwohl die EU weitere bilaterale Verhandlungen ausdrücklich von der Umsetzung der institutionellen Einbindung der Schweiz in die EU abhängig gemacht hat, sollen parallel zum Rahmenvertrag auch Verhandlungen zu neuen bilateralen Verträgen stattfinden: Zur Energieversorgung, zur Unternehmensbesteuerung, zur Zinsbesteuerung, zu einem Kulturabkommen, zu Bildungs- und Forschungsfragen.

-  Eine formelle Verknüpfung dieser bilateralen Verhandlungen mit den Verhandlungen über den Rahmenvertrag besteht nicht. Der Bundesrat strebt indessen eine ausgewogene Parallelität zwischen den verschiedenen Verhandlungsdossiers an.

-  Anlässlich des für Juni 2014 geplanten Staatsbesuchs von EU-Kommissionspräsident Barroso in Bern soll der Öffentlichkeit mindestens ein markantes Zwischenergebnis zu den Verhandlungen präsentiert werden.  

03  Das Schiedsgericht  
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 Gegenüber der Öffentlichkeit erklärt Aussenminister Didier Burkhalter nach Verabschiedung des Verhandlungsmandats plötzlich, über allfällige Sanktionen gegen die Schweiz  - wenn diese einen Beschluss des EU-Gerichtshofs nicht übernimmt -  entscheide letztinstanzlich ein Schiedsgericht.

-  In der APK NR hat sich Aussenminister Didier Burkhalter einem Antrag Blochers, Meinungsverschiedenheiten zwischen Bern und Brüssel durch ein Schiedsgericht entscheiden zu lassen, widersetzt. Der Antrag Blocher wurde in der APK NR verworfen.

-  Über die genaue Funktion des neu in die Diskussion eingeführten Schiedsgerichts äussert sich Bundesrat Burkhalter schwammig. Offenbar kommt im Text des Verhandlungsmandats der Ausdruck Schiedsgericht nicht so vor, wie ihn Bundesrat Burkhalter gegenüber der Öffentlichkeit vertritt.

-  Ein echtes Schiedsgericht setzt sich wie folgt zusammen: Jede Streitpartei ist in gleicher Stärke im Schiedsgericht vertreten. Es steht unter einem neutralem Präsidium, das mit Zustimmung beider Parteien in seine Funktion eingesetzt wird. Von einem derartigen Schiedsgericht ist im Verhandlungsmandat offenbar nicht die Rede.

- Das Organ, das Bundesrat Burkhalter als Schiedsgericht bezeichnet, entscheidet nicht über Meinungsverschiedenheiten zur Vertragsauslegung zwischen Bern und Brüssel.

- Das Schiedsgericht von Bundesrat Burkhalter kommt nur zum Zug, wenn die EU von ihrem ihr vertraglich zugesicherten Sanktionsrecht gegen die Schweiz Gebrauch macht. Dann soll zusätzlich zu dem Gemischten Ausschuss, der den Entscheid des EU-Gerichtshofs verbindlich umzusetzen hat, ein weiteres von Bundesrat Burkhalter als Schiedsgericht bezeichnetes Organ zum Zug kommen, das sich allerdings allein dazu äussern darf, ob die von der EU verhängten Sanktionen als angemessen bezeichnet werden können.

-  Was Bundesrat Burkhalter als Schiedsgericht bezeichnet, ist in Wahrheit lediglich ein zusätzliches Beurteilungsorgan.

-  Mit der EU scheint zu diesem zusätzlichen Beurteilungsorgan zu allfälligen Sanktionen der EU keine genaue Absprache erfolgt zu sein. Im Non-Paper findet sich zwar ein Hinweis auf diese Idee, der allerdings vage formuliert ist.

-  Ob die EU der Schaffung dieses zusätzlichen Beurteilungsorgans zustimmt oder nicht, ist indessen unerheblich.

-  Erheblich ist allein, welche Art von Befugnis diesem Organ eingeräumt wird. Wenn es, wie es den Anschein macht, lediglich eine kommentierende Befugnis erhält, dürfte die EU kaum dagegen opponieren. Es dürfte als Beruhigungspille ohne Wirkungskraft an die Adresse der schweizerischen Öffentlichkeit geduldet werden.   [1]    

Zum Stand der Dinge in der EU hat sich der Ökonom Prof. Dr. Eberhard Hamer  vom Mittelstandsinstituts Niedersachsen in Hannover Anfang Januar wie folgt geäussert:  

Krise überwunden – Kritiker widerlegt? - Von Prof. Dr. Eberhard Hamer  
Als der Verfasser im Jahre 2002 als erster mit dem inzwischen berühmten Buch »Was passiert, wenn der Crash kommt?« über den Gang und die Folgen einer grossen Wirtschaftskrise nachgedacht hatte, wurde ihm von Bankern, Politikern, der herrschenden Presse und sogar von den meisten Professorenkollegen vorgeworfen, solches Denken sei unanständig, völlig überholt, ignorant und wirklichkeitsfremd. Als dann die weltweite Finanzkrise 2008 tatsächlich ausbrach, hatten diese sie jedoch plötzlich kommen sehen, und einige  schrieben aus dem Buch des Verfassers schleunigst ab, um wieder rechtzeitig mit der Zeit zu gehen.

Inzwischen hat die herrschende Meinung die Finanzkrise wiederum als überwunden erklärt, obwohl

-  die Verschuldung nicht nur der einzelnen Staaten, sondern insgesamt nicht reduziert, sondern weiter dramatisch gestiegen ist,

-  diese Gesamtverschuldung durch hemmungsloses Gelddrucken der FED und der EZB nun auch die Währungen ruiniert

-  und die herrschende Hochfinanzclique sich selbst von Rettungsmassnahmen verschont, indem sie die Folgen als gigantische Gesamthaftung auf die Bürger Europas, vor allem auf diejenigen Deutschlands, verschoben hat. 

Dies alles beunruhigt nicht einmal die Finanzminister der für die maroden Staaten nun zusätzlich haftenden Länder. »Bürgschaften sind keine Haushaltsschulden«, tönt Schäuble angesichts deutscher Bürgschaftsverpflichtungen in dreistelligem Milliardenbereich, die bei Wiederausbrechen der Krise jederzeit zu Zahlungsverpflichtungen werden können. Die Krise ist von den herrschenden Akteuren verdrängt, der Autor wurde in einer Silvesterbetrachtung als Krisenguru in der Krise bezeichnet, weil wir um uns nicht eine Krise hätten,

sondern

    boomende Aktien- und Finanzmärkte mit einem Dax von mehr als 9 000 Punkten,

    statt einer Euro-Krise einen auf 1,37 US-Dollar gestiegenen Euro,

    einen unter 900 Euro gesunkenen Goldpreis,

    einen boomenden Arbeitsmarkt mit höchster Beschäftigungsquote

    und volle Sozial- und Rentenkassen.

    Statt Euro-Krise konnte Irland zum Jahresende den Rettungsschirm verlassen und ist Lettland als 18. Staat dem Euro beigetreten. 

Von Schwierigkeit oder Krise zu sprechen, sei also wieder ebenso unanständig, weltfremd und ignorant wie im Jahre 2002. Immer wieder hat der Autor aber darauf hingewiesen, dass ein guter Unternehmer oder Vermögensverwalter Krisen in Rechnung stellen und sich darauf vorbereiten muss. Kommt die Krise nicht, war die Vorbereitung trotzdem richtig. Kommt die Krise dagegen, war die Vorbereitung existenznotwendig. Und wer jetzt mit der herrschenden Presse, Politik, Finanzindustrie und ihren Jubelchören nur Optimismus verbreitet, übersieht, dass wir zurzeit in einer Scheinblüte leben, deren Quelle hemmungslos gedrucktes Fiat-Geld ohne Gegenwert ist

Nur durch diese Geldblase

    konnten die Schuldenorgien vor dem Kollaps gehalten, weiter getrieben und sogar verstärkt werden,

    konnte die internationale Finanzelite die Schuldknechtschaft über 200 Länder nicht nur behalten, sondern sogar durch Mitschuldenübernahme weiterer Länder [Deutschland] verstärken,

    konnte ein künstlicher Nachfragesog zu Wirtschaftsscheinwachstum und hoher Beschäftigung erzeugt werden

    und konnten die Sozialsysteme aus den üppig sprudelnden Geldquellen liquide gehalten werden.

Die hemmungslose Geldmengenvermehrung hat nicht nur die Marktkräfte ausmanipuliert, sondern dadurch, dass man dieses Geld zu Nullzinsen in die Banken pumpte, auch den Zins künstlich heruntermanipuliert. Und die an sich nach Marktgesetzen auf hemmungslose Geldvermehrung folgende Inflation wird vorerst durch statistische Tricks vernebelt oder schlicht geleugnet, obwohl jede Hausfrau, die bei Aldi oder Edeka einkauft, die tägliche Teuerung erlebt.

Tatsächlich ist die Finanzkrise nicht gelöst, sondern sie wurde nur gegen alle Gesetze und Moral mit Bürgschaftsübernahmen und hemmungslosem Gelddrucken verlängert, vergrössert, vernebelt, und ihre Auswirkungen werden hinausgeschoben. Griechenland hat heute doppelt so hohe Schulden wie zu Beginn seiner Krise, die USA stolpern von Schuldengipfel zu Schuldengipfel. Die meisten europäischen Länder ebenso.

Das Denken unserer Zeit ist nur noch kurzfristig und reagiert nur noch auf kurzfristige Impulse, statt langfristige Entwicklungen zu berücksichtigen. Und eine Bevölkerung von mehrheitlich kinderlosen Selbstverwirklichungs-Egoisten vertraut blind darauf, dass eine verminderte nächste Generation ihnen noch Rentenwohlstand garantieren könnte. Die Zukunft will keiner sehen. Die aus  den heutigen Fehlern zwangsläufig kommenden Krisen der Zukunft dürfen nicht behandelt werden. »Unsere Leser wollen nur gute Nachrichten«, schrieb ein Chefredakteur einer Zeitung, als er dem Autor einen Aufsatz mit Krisenwarnung zurücksandte. Der Tanz auf dem Vulkan geht weiter. Er soll jedenfalls nicht zu Amtszeiten der herrschenden politischen, finanziellen und publizistischen Elite abbrechen. Deshalb verdrängt nicht nur die Elite selbst alle Krisengedanken (Draghi), sondern will auch die Bevölkerung damit nicht gestört wissen. 

Die Krise der 30er Jahre hat jedoch gezeigt, dass nur eine Minderheit der Unternehmer und Vermögensbesitzer die Krise unbeschadet übersteht, sofern sie diese rechtzeitig sehen und vorbereitet haben. Die Masse, welche die Krisenwolken nicht sehen wollte, war immer auch Verlierer. Ein Krisenguru kann also nur die Klugen, Vorsichtigen und langfristig Denkenden aufklären und wie 2008 vor Schaden bewahren: Wenn die Masse von der Krise erreicht wird, ist es für Vorsorge zu spät. Dann wird sich rächen, dass man die Krise als überwunden angesehen und die Krisenwarnungen nicht mehr ernst genommen hat.  [2]  

 

[1]  Quelle:  www.eu-no.ch
Der Stand der Dinge (II/15.01.2014/US) 
Komitee
»Nein zum schleichenden EU-Beitritt« 
Postfach 23 8416 Flaach Tel. 052 301 31 00 PC-Konto 85-126820-7
[2]  Quelle:
http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=1697
  Zeit-Fragen  2014   Nr. 1, 14.1.2014