Von Datenpreisgabe und Bankenrettung

Wer guten Gewissens ist, legt Ulrich Schlüer dar, könne doch ernsthaft nichts dagegen haben,

wenn seine Hausbank alle Informationen über seine Vermögensanlagen, -Veränderungen und -Bewegungen automatisch der Steuerverwaltung melde. Auf diese Weise begründete her mistress’ voice, Nationalrat Martin Landolt, in seiner Rolle als Windfahne der Finanzministerin in der TV-Arena die Unbedenklichkeit der automatischen Datenübermittlung der Banken an die Steuerämter über alle Vermögensangelegenheiten ihrer Kunden. 

Freiheitszersetzung  
Eine gar wohlfeile Begründung für die Preisgabe der Freiheit, dem Steueramt als selbständiger, freier, seine Verantwortung wahrnehmender Bürger in eigener Person Rechenschaft über seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse abzulegen, auf deren Basis dann die Besteuerung erfolgt. Mit der gleichen Argumentation könnte man auch postulieren, dass jeder, der guten Gewissens durch den Alltag geht, doch gewiss nichts dagegen haben kann, dass sein Tun und Lassen aus Sicherheitsgründen laufend per Chip einer zentralen staatlichen Meldestelle übermittelt wird. Denn wer guten Gewissens sei, müsse doch nicht verbergen, wo er sich befindet, wohin er sich begibt, mit wem er sich trifft und mit wem er gesellschaftlichen, freundschaftlichen, geschäftlichen oder anderen Umgang pflegt. Auf Freiheit angewiesen wäre gemäss solcher Argumentation nur noch derjenige, der ein schlechtes Gewissen hat, wer hinterzieht, wer Böses im Schilde führt. Perfider kann man Freiheit wohl kaum diffamieren: Wer noch Freiheit für sich verlangt, führt von Anfang an Verdächtiges im Schild. Nur wer Unnennbares oder Unrechtes zu verbergen habe, sei auf noch Freiheit angewiesen, womit die Freiheit pauschal der Sphäre zweifelhafter und deshalb geheimzuhaltender Machenschaften zugewiesen wird. 

«1984» 
George Orwells Prophetie, in seinem berühmten Buch 1984 vorausgesagt, scheint mit dreissig Jahren Verspätung beklemmende Wirklichkeit zu werden: Der vollumfänglich datenerfasste Bürger am Gängelband einer täglichen vierundzwanzigstündiger Vollüberwachung, die durch eine nicht mehr greifbare Funktionärskaste ausgeübt wird. Wer über die hierfür erforderlichen Server verfügt, gelangt zur Allmacht über die Menschen. Im Datenklau zulasten aller Vermögenden wird Orwells Albtraum Wirklichkeit. Der gute Mensch: Das ist der Köder, der dem Einzelnen, der sich auf sein gutes Gewissen beruft, zugeworfen wird, auf dass er sich knechten lasse und sich der Datenüberwachung rund um die Uhr ausliefere. Knechten von jenen, die ihre Staatshaushalte in den Ruin geführt, ihre  Staatskassen, Bürger und Steuerzahler ausgeplündert haben, die die Stabilitätsverträge, die privates Vermögen schützen sollen hätten, ruchlos gebrochen haben und weiterhin brechen. Indem sie zur Rettung Zyperns unter Bruch allen geltenden Rechts auf die Vermögen von Eigentümern zugriffen, haben sie der Menschheit vorgeführt, wie sich ein automatischer Datenaustausch für die Mächtigen nutzbar machen lässt.  

Plünderung ist das Ziel 
Die Schweiz konnte sich dank der unmittelbaren Bürgermitbestimmung in der direkten Demokratie der masslosen Überschuldung entziehen; sie steht heute also besser da als die rettungslos Verschuldeten. Das verlockt die Plünderer an den Machthebeln ihrer überschuldeten Staaten. Noch gibt es hierzulande Politiker, die uns treuherzig auffordern, die Schweiz müsse sich bloss frühzeitig in die Diskussion um den ohnehin kommenden automatischen Informationsaustausch einbringen, dann gelänge es ihr gewiss, dessen Regeln bürgerfreundlich auszugestalten. Als wären die Plünderer an Regeln und am Recht interessiert….. Indessen wollen sie  – Regeln hin oder her –  an unser Geld. Sie wollen, nachdem sie ihre eigenen Staaten ausgeplündert haben, auch die Schweiz ausplündern. Die Schweiz hat Deutschland einen Vertrag angeboten. Die deutsche Regierung hat ihn akzeptiert. Er wurde von beiden Regierungen unterzeichnet. Allerdings konnte Deutschlands Regierung den Vertrag im Bundestag gegen die links-grüne und andere Oppositionskräfte nicht durchbringen. Was macht die Schweiz? Es gelingt ihr, fast einen ganzen Tag lang so zu tun, als würde sie auf ihrem, von der deutschen Regierung schliesslich akzeptierten Standpunkt beharren. Doch schon einen Tag später fängt sie an, einzuknicken. Und jetzt vermeldet sie Deutschland untertänigst Kompromissbereitschaft. Und Deutschlands Plünderer triumphieren: Die Schweiz sei, wenn man sie nur gehörig in den Schwitzkasten nehme, mit Sicherheit kleinzukriegen, um gleichzeitig anzufügen, dass der staatlich finanzierte Datenklau selbstverständlich weitergehe. Es ist die nackte, unverblümte Macht, die regiert. Die Macht der Stärkeren, die jeden Schwächeren zu überfahren bereit sind. Es gab, als der totalitäre Sozialismus mit seiner kommunistischen Ideologie weite Teile der Welt noch in Angst und Schrecken versetzte, die Kategorie der von keinem Geringeren als Lenin als nützliche IdiotenBezeichneten. Naive Zudiener, denen Lenin schmeichelte, solange sie ihm Nutzen brachten, die er verspottete und fallen liess, wenn von ihnen nichts mehr zu erwarten war. Die gleiche Freiheitstotengräberei betreibt jetzt Dienstbote Martin Landolt unter der Fuchtel seiner Chefin Eveline Widmer-Schlumpf. Beide tun so, als besässen sie das Monopol über das gute Gewissen und sind doch nichts anderes als Begräbnishelfer bei der Beerdigung der persönlichen Freiheit.  

Die Alternative 
Es gäbe eine freiheitliche Alternative zu dem auf totalitäre Weise geforderten automatischen Informationsaustausch über die Vermögen eines jeden Einzelnen, auf dass der Staat jederzeit weiss, wo er zugreifen kann, wenn er zugreifen will. Die Alternative heisst: Abschied vom elektronisch geführten Bankkonto. Es gibt kein Gesetz, das verlangt, dass sämtliche Bankkonten, weil elektronisch geführt, über US-Server laufen müssen, wie das heute der Fall ist. Wenn  - wie es sich je länger, desto beängstigender erweist -  die elektronisch geführten Konten dem ungezügelten Zugriff der Plünderer in Funktionärsgestalt ausgesetzt sind, so kann nichts und niemand einen Bankkunden daran hindern, von seiner Bank zu verlangen, dass sein persönliches Konto von Hand zu führen sei. Natürlich wären die Gebühren für letztere Form der Kontoführung um ein Vielfaches höher als für elektronisch geführte Konten. Dafür wären von Hand geführte Konten, gerade weil sie nicht über die US-Server laufen, vor dem Zugriff der Staatsfunktionäre, die sich mehr und mehr als ruchlose Plünderer der Vermögen aller noch über Eigentum verfügenden Bürger entpuppen, sicher. [1]  

Wie die EU die Bankenrettungen abzuwickeln gedenkt 
Wie am 4. Mai verlautete, will die EU alle Gläubiger, auch die Sparer, per Gesetz an den Banken-Rettungen beteiligen, auch wenn angestrebt wird, die Sparer in Form einer europäischen Einlagensicherung zu schützen. Die Gesetzesvorlage, die das künftige Vorgehen bei Banken-Pleiten regeln soll, ist derzeit Gegenstand von Verhandlungen. Ziel ist, das Ganze so zu regeln, dass es zu keinem System-Crash kommt. »Die Inhaber von Bankkonten sollten zwar formal die letzten sein, die im Fall eines Banken-Konkurses Verluste erleiden. Ob und wann aber die Möglichkeiten der anderen Gläubiger – Aktionäre und Anleihenbesitzer – ausgeschöpft sind, wird von Fall zu Fall entschieden«, vermerken die Deutschen MittelstandsNachrichten. Wie diese des weiteren berichten, werden Verluste für die EU-Anleger demnach zum Normalfall. Offenbar ist auch eine Enteignung der Sparer möglich. Zur Verhinderung eines Bank-Runs sieht der Entwurf vor, »im Falle einer Banken-Pleite vor den Sparern zunächst die Besitzer von Banken-Anleihen zu rasieren.«  Guthaben bis zu 100.000 Euro sollen möglichst verschont bleiben. Was nun die Risiken der südeuropäischen Banken betrifft, so sind diese, wie es heisst, derart hoch, »dass eine Garantie der Einlagen nur möglich ist, wenn die deutschen Sparer und Steuerzahler im Ernstfall mitzahlen: Wenn Deutschland nicht einspringt, können Franzosen und Italiener ihre Banken nur unter massiven Verlusten retten.« Die EU ist sich im übrigen darüber im klaren, dass die grossen europäischen Banken nicht auf dieselbe Weise zu retten sind wie jene Zyperns, da es um ganz andere Summen geht. Würde man wirklich rein nationale Banken-Rettungen verordnen, würden die Sparer in den südeuropäischen Ländern vermutlich einen Grossteil ihres Geldes verlieren. An dieser Stelle hakt das Vorhaben noch. Teilnehmer an den Verhandlungen berichten, dass Deutschland sich noch gegen die gemeinsame Einlagensicherung sperrt: Angela Merkel hatte auf dem Sparkassentag in Dresden gesagt, dass Deutschland auf absehbare Zeit eine gemeinsame Einlagensicherung nicht zulassen werde. Es werde nun darauf ankommen, ob Deutschland seine harte Haltung aufgibt oder nicht. Merkel hatte lediglich eingeräumt, dass es zu einer Harmonisierung der nationalen Sicherungssysteme kommen müsse. Im Ernstfall kann den Sparern in Europa jedoch nur eine Art von Harmonie helfen: die der aktiven deutschen Mitwirkung bei der Rettung. Indessen laufen die deutschen Banken, insbesondere der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, gegen eine gemeinsame Haftung Sturm. [2]  

Inzwischen hat das EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen auch das EU-Parlament über die diesbezüglichen Pläne unterrichtet. Von Seiten der EZB, der EU und der nationalen Zentralbanken ist nun klar zu hören: Die Sparer müssen die europäischen Banken retten, was Asmussen am 8. Mai den EU-Parlamentariern klarmachte. Der Zugriff auf die Sparkonten wird kommen. »Wir brauchen dringend einen europäischen Rahmen für die Abwicklung von Finanzinstituten«, so   Asmussen; dieser Rahmen sollte dann auch eine Reihe allgemein bekannter Vorschriften zur  Beteiligung der Einleger an der Refinanzierung von Banken beinhalten, worunter die Regeln zum allgemeinen Bail-in, dem möglichen Einzug von Vermögenswerten und der Beteiligung der bevorzugten Gläubiger fallen. Offensichtlich liegt bereits ein erster Entwurf zur Heranziehung der Bankkunden vor. In diesem werden die Sparer mit einem Vermögen von 100.000 Euro zwar erst zum Schluss an der Rettung der Bank beteiligt, aber ihre Beteiligung ist definitiv vorgesehen. Die Sparer können sich somit langsam mit der Tatsache vertraut machen, dass sie künftig die Banken zweifach retten: So sind die Rettungsschirme für die Bail-outs aus Steuergeldern gespeist, und mit der Bankenunion und dem dazugehörigen Rettungsplan haften die Bürger darüber hinaus als Bankkunden-Gläubiger für das Versagen von Banken, bei denen sie ein Konto unterhalten.  [3] 

Anmerkung politonline: Die folgende Aussage Asmussens zeugt in unseren Augen durchaus für eine eiskalte Geringschätzung des Bürgers: Asmussen hält die Zwangsabgabe im Falle Zyperns auch deshalb für gerechtfertigt, weil die betroffenen Gläubiger der beiden Banken durch die Zwangsabgabe schliesslich nicht schlechter gestellt seien, als wenn die Banken pleite gegangen wären. Ganz so, als hätte der Bürger den Pfusch der Banken und der Regierung verursacht. Was nun die Lage in Zypern betrifft, so konnte die Regierung das Kürzungsprogramm der Troika am 30. April mit sehr knapper Mehrheit im Parlament durchsetzen. Der grüne Abgeordnete George Perdikis bezeichnete dies als die mit Abstand grösste Niederlage in unserer 8000jährigen Geschichte. Eine jetzt vorliegende Studie, die unter der Leitung des in der USA tätigen Ökonomen Dr. John Charlambakis erstellt wurde, prognostiziert für dieses Jahr einen katastrophalen Einbruch des zypriotischen BIP: nämlich um 23,68 %; für 2014 ist eine Verringerung von 19,56 % und für 2015 eine solche von 15,44 % vorausgesagt. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass das Land seine Währungssouveränität zurückgewinnen und aus der Eurozone austreten muss. Inzwischen fordert die frühere Regierungspartei Akel einen geordneten Austritt aus der Eurozone, was auch die Grünen und Sozialdemokraten ernsthaft erwägen.  [4]  

 

Quellen:
[1]  http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/News/Big_brother_is_watching_you-1081  
»Big brother is watching you« - Der aktuelle Freitags-Kommentar vom 3. Mai 2013 vom Chefredaktor der «Schweizerzeit», Ulrich Schlüer  
[2]  http://www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de/2013/05/51895/   4. 5. 13  
Die EU will die Sparer per Gesetz an den Banken-Rettungen beteiligen 
[3]  http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/05/08/asmussen-klaert-eu-parlament-auf-sparer-muessen-bei-bankenrettung-bluten/   8. 5. 13  Asmussen klärt EU-Parlament auf: Sparer müssen bei Bankenrettung bluten  
[4] 
Strategic Alert Jahrgang 26,  Nr. 19 vom 8. Mai 2013