Die leidigen Steueroasen

d.a. Ginge es nach den Vorgaben der OECD, so hätten diese inzwischen insgesamt die von

dieser Organisation verfügten Normen übernehmen müssen. Dass dies nicht der Fall ist, davon zeugen die sogenannten schwarzen, grauen und weissen Listen, die die weiterhin als offshore centres fungierenden Staaten dieses Globus erfassen. Den 2008 veröffentlichten Zahlen zufolge betrugen die weltweit in Steueroasen gebunkerten Vermögen bereits nahezu 32 Billionen $, eine Zahl, die auch im letzten Jahr praktisch unverändert ausgewiesen wurde. James Henry, ehemaliger Chefvolkswirt der Unternehmensberatung McKinsey, hat die dem Fiskus entzogenen privaten Vermögen als ein grosses Schwarzes Loch in der Weltwirtschaft bezeichnet; Henry zufolge ist das Problem insbesondere in den Entwicklungsländern gravierend: Die reichsten Bürger in 139 untersuchten Entwicklungsländern haben  - von den 1970er Jahren ausgehend bis 2010 -  nicht ausgewiesene Vermögen über geschätzte 7,3 bis 9,3 Billionen $ angehäuft; nicht erfasst hierbei sind Sachvermögen, also etwa Immobilien, Jachten oder Gold. Nun sind die Steuerparadiese in den letzten Tagen infolge der ihre Existenz und je nach Fall auch die Kunden preisgebenden journalistischen Enthüllungen breit in die Schlagzeilen geraten. Am lautesten hat sich wohl Frankreichs Präsident angelassen; er möchte in Zukunft sowohl gegen Steuersünder als auch gegen Steueroasen unerbittlich vorgehen, sie gewissermassen ausradieren. Wie der FAZ online vom 10. April zu entnehmen war, beabsichtigt Hollande zudem, die Vermögensverhältnisse der Minister, Parlamentarier und hoher Staatsbeamter künftig von einer eigens geschaffenen unabhängigen Hohen Behörde kontrolliert zu lassen: also klarer Durchblick auf allen Ebenen! DieDeutschen WirtschaftsNachrichten titelten am 5. April: »Offshore-Leaks: Die Hexenjagd gegen private Vermögen ist eröffnet. Es entsteht der Eindruck, als sei jeder Bürger im Kern ein Krimineller. Die Fiktion vom guten, starken Staat ist der Humus, aus dem ein totalitäres System entstehen kann«, um mit gewohnter Ironie hinzuzufügen: »Wolfgang Schäuble klappert schon mit den Handschellen gegen Unbekannt.« 

Die Monster-Enthüllung, die vom Internationalen Konsortium investigativer Journalisten in Zusammenarbeit mit zahlreichen Medien am 4. April publik gemacht worden war, hat Engdahl wie gewohnt einer genaueren Analyse unterzogen:   

Daten aus Offshore-Steuerparadiesen gehackt: Etwas ist faul an diesem Skandal – Von F. William Engdahl

Das Projekt klingt seriös und beeindruckend. Eine Organisation namens »International Consortium of Investigative Journalists«, ICIJ, aus Washington D.C. meldet mit großer Fanfare, sie sei in den Besitz vertraulicher Daten über Kunden von Offshore-Banken aus 170 Ländern gelangt, das Ganze sei »größer als WikiLeaks«. Unter anderem heißt es auf ihrer Website: »Regierungsvertreter und deren Freunde und Familien in Aserbaidschan, Russland, Kanada, Pakistan, den Philippinen, Thailand, der Mongolei und anderen Ländern haben Scheinfirmen und Geheimkonten genutzt. Viele führende Banken der Welt – darunter die UBS, Clariden und die Deutsche Bank, haben aggressiv daran gearbeitet, ihren Kunden verschwiegene Firmen auf den Britischen Jungferninseln und anderen Offshore-Verstecken anzubieten.«  [1] 

Um die Story noch verlockender zu machen, erklärt die Organisation, sie werde die Dateien nicht an staatliche Behörden übergeben. Zu den kleinen Häppchen an Information, die bisher freigegeben wurden, zählen Berichte wie: »Deutsche Bank half Kunden, Hunderte von Offshore-Firmen zu unterhalten« und »Postsowjetische Milliardäre fallen in Großbritannien ein ..… auf dem Weg über die British Virgin Islands.« Wie sie schreiben, haben angeblich Dutzende ausgewählter Journalisten im Rahmen der Untersuchung des ICIJ über Offshore-Geheimhaltungspraktiken »Millionen durchgesickerter Unterlagen und Tausende von Namen« gesichtet. »Ein Speicher mit 2,5 Millionen Dateien enthüllt die Geheimnisse von über 120.000 Offshore-Firmen und -Fonds sowie geheime Geschäfte von Politikern, Strohmännern und den Superreichen aus aller Welt. Die vertraulichen Unterlagen, die in die Hände des International Consortium of Investigative Journalists gelangt sind, geben die Namen hinter Geheimfirmen und privaten Fonds auf den britischen Virgin Islands, den Cook-Inseln und anderen Offshore-Verstecken preis.« [1]  Auf welche Weise das ICIJ solch einen Speicher »erhalten« hat, wird nicht mitgeteilt. Bemerkenswert ist auch, daß sich die Veröffentlichung von Skandalen bislang auf die Deutsche Bank, Frankreichs Staatspräsidenten Hollande, Milliardäre aus Griechenland oder russische Oligarchen beschränkt. Bisher sind das Weiße Haus und Washington allgemein von dem Skandal nicht erfaßt worden. Die Süddeutsche Zeitung, Partner des ICIJ, beschreibt, was sie offenlegen wird: »130.000 Personen aus mehr als 170 Ländern werden in den Unterlagen aufgelistet. Darunter sind Oligarchen, Waffenhändler und Finanzjongleure. Auch Hunderte deutscher Treffer finden sich in den Daten; einen Überblick wird die SZ in den kommenden Tagen geben.« Solcher Journalismus ist ein krasses Beispiel für Schuldzuweisung durch schlechte Gesellschaft. Weiterhin behauptet das ICIJ: »Die Masse an Dokumenten bildet die umfangreichste Insider-Information über das Offshore-System, die je einer Medienorganisation in die Hände gefallen ist. Gemessen in Gigabytes ist die Gesamtmenge der Dateien über 160mal größer als die Dokumente des US-State Department, die WikiLeaks 2010 an die Öffentlichkeit brachte.«  [1]  Doch dann wird es für jeden, der auch nur oberflächlich weiß, wie genau kontrolliert die weltweiten Medienkonzerne operieren, interessant: Zu den Medien, denen das ICIJ die Dokumente zur Analyse überließ, zählen in England The Guardian und BBC, in Frankreich Le Monde, in Deutschland die Süddeutsche Zeitung und der Norddeutsche Rundfunk; hinzu kommen The Washington Post, die Canadian Broadcasting Corporation (CBC) und 31 weitere Partnermedien aus aller Welt. Ein erstes Resultat der Enthüllungen ist die Ankündigung des britischen Premierministers David Cameron, er werde seine Präsidentschaft der G8 dazu nutzen, um gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche vorzugehen.

Die Rechercheure genauer ansehen…  
Während sich die Mainstreampresse weltweit auf die Enthüllungen konzentriert, drängt sich die Frage auf: Wer oder was genau ist dieses Internationale Konsortium investigativer Journalisten? Nach Angaben auf der Website wurde das ICIJ 1997 als Projekt des »Center for Public Integrity« gegründet, »um den Stil des Watchdog-Journalismus des Center weiter auszubauen«. Zu den finanziellen Unterstützern des ICIJ zählen die Open-Society-Stiftungen des verurteilten Hedgefonds-Spekulanten George Soros aus der USA.  [2]  Diese waren und sind in vielen Ländern aktiv, die das US-State Department für einen Regimewechsel oder eine »Farbenrevolution« ins Visier genommen hatte. Beispiele sind Georgien, die Ukraine, Burma  (Myanmar) und Libyen. Weitere Förderer sind die »David and Lucile Packard Foundations« des Hewlett-Packard-Gründers und früheren Vize-Verteidigungsministers David Packard, die äußerst traditionsbewußten »Pew Charitable Trusts« und andere. Die interessantere Organisation ist jedoch  der Begründer des ICIJ, das »Center for Public Integrity«, ebenfalls in Washington ansässig. Bei  genauerem Hinsehen entpuppt es sich als eine Kreation der mächtigsten Familien an der Wall Street und der amerikanischen politischen Elite. Wieder laut Website wurde das »Center  for Public Integrity« 1989 gegründet, um »mit den Mitteln des investigativen Journalismus die Demokratie zu fördern, indem Machtmißbrauch, Korruption und Untreue durch einflußreiche staatliche und private Institutionen aufgedeckt werden«.  [3]  2012 zählte zu den namentlich genannten Unterstützern des Center unter anderem die Ford Foundation, die nachweislich in der Nachkriegszeit in mehreren Ländern eng mit der CIA zusammenarbeitete. Außerdem standen auf der Liste Soros’ »Open Society Foundations«, die »John D. & Catherine T. MacArthur Foundation«, die Sanford C. Bernstein & Co., LLC des milliardenschweren Wall Street-Bankers Sandy Bernstein, der »Rockefeller Brothers Fund« und der »Rockefeller Family Fund«. Was findet die Crème de la Crème der mächtigen amerikanischen Familien und Bankiers so verlockend daran, genau die Journalistenorganisation zu unterstützen, die jetzt angeblich über Dokumente mit Material verfügt, mit dem Regierungen, Politiker und Geschäftsleute aus aller Welt erpreßt werden könnten? Werden auch ihre Offshore-Investitionen veröffentlicht  - wie die der Deutschen? Außerdem fragt sich, welche Dienststelle oder Behörde in der Lage wäre, internationale Computerdatenbanken und Millionen verschlüsselter Unterlagen von Offshore-Banken zu hacken, ohne dabei aufzufliegen?

Herrsche über das Geld und du beherrschst die Welt…  
Hinter den nobel klingenden Worten der investigativen Journalisten des ICIJ verbirgt sich ein alarmierendes neues Element in einem globalen Finanzkrieg zwischen dem Dollar-Imperium, dem Euro und potentiell auch dem chinesischen Renminbi. Das seltsame Vorgehen des ICIJ legt die Vermutung nahe, daß hier nach einem anderen Plan agiert wird. Eine weltweite Hexenjagd auf legale oder illegale Privatvermögen hat begonnen. Es ist nicht mehr ein ehemaliger Angestellter der UBS oder irgendeiner anderen Schweizer Bank, der Datensätze über Geheimkunden aus Deutschland stiehlt und den deutschen Steuerbehörden übergibt. Jetzt können sämtliche Offshore-Konten der Welt offengelegt werden. Es geht um riesige Summen. Eine Untersuchung von James S. Henry, Ex-Chefvolkswirt bei McKinsey & Company, schätzt, daß Reiche 21 bis 32 Billionen Dollar in privaten Fonds in Offshore-Steueroasen angelegt haben; das entspricht grob den Staatshaushalten der USA und Japans zusammen genommen. Nur ein Beispiel: Henry zeigt, daß sich der Umfang der Vermögenswerte, die von den 50 größten »Privatbanken« verwaltet werden  - Banken, die für ihre wohlhabenden Kunden häufig Offshore-Oasen nutzen, im Bankjargon high net worth genannt -  von 5,4 Billionen $ im Jahr 2005 auf über 12 Billionen im Jahr 2010 erhöht hat. Die andere Frage ist die: Welche Behörde(n) welcher Regierungen verfügen über die Spionage-Kapazitäten, die es ermöglichen würden, weltweit eine derart gewaltige Hackoperation sämtlicher Offshore-Bankkonten durchzuführen, um sie dann den handverlesenen Journalisten des ICIJ in Washington anonym zu übergeben? Vielleicht sollten wir einmal die National Security Administration, die riesige Spionagebehörde der US-Regierung, fragen…… 

Wenn EU, EZB und IWF törichterweise einen Präzedenzfall setzen und private Einlagen bei zyprischen Banken in einer Manier beschlagnahmen, der Stalin in den 1930er Jahren höchste Bewunderung gezollt hätte, dann kann man sich leicht ausmalen, daß Washington angesichts einer außer Kontrolle geratenen Staatsverschuldung die Übergabe der ICIJ-Daten fordern und Guthaben von Menschen aus aller Welt beschlagnahmen könnte, und zwar ohne Gerichtsverfahren und ohne den Beweis von kriminellem Verhalten. Wirklich ehrlicher investigativer Journalismus ist nötig, aber das Geheimnisse-zu-verkaufen-Projekt des ICIJ riecht nach einer massiven, von der US-Regierung gesponserten Erpressung  - oder noch Schlimmerem -  gegen den Rest der Welt. Wie Henry Kissinger, der Schützling der Rockefeller-Familie, in den 1970er Jahren gesagt haben soll: »Wer über das Geld herrscht, der beherrscht die ganze Welt.«

 

Quelle:  http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/enthuellungen/f-william-engdahl/daten-aus-offshore-steuerparadiesen-gehackt-etwas-ist-faul-an-diesem-skandal.html  9. 4. 13 
[1]  Gerard Ryle et al. Secrecy for Sale: Inside the Global Offshore Money Maze, International Consortium of Investigative Journalists,  April 3, 2013
[2]  Heather Smith »Soros Loses Case Against French Insider-Trading Conviction«, Bloomberg, October 6, 2011 
[3]  Center fo
r Public Integrity, About the Center