US-Sicherheitskreise bemühen sich um Kriegsvermeidung 24.03.2013 20:07
Hochrangigen US-Nachrichtendienstexperten zufolge unternimmt ein Netzwerk von
erfahrenen aktiven
und pensionierten Militärs, Geheimdienstoffizieren und Diplomaten der USA koordinierte
Anstrengungen, um das schwer geschädigte Verhältnis zwischen Washington und Moskau
zu reparieren. Zu den Hauptstreitpunkten gehört die Regimewechsel-Politik der
Regierung Obama in Libyen und Syrien, ferner der Aufbau der NATO-Raketenabwehr,
die Rußlands strategisches Kernwaffenarsenal gefährdet, sowie die kaum verhüllte
Unterstützung der USA für internationale Narko-Terror-Organisationen, die
Rußland und die Länder der ehemaligen Sowjetunion mit Heroin überschwemmen und
dort Terroranschläge verüben.
Die kommende Reise
des US-Generalstabschefs General Martin Dempsey nach Moskau bietet eine entscheidende
Chance für eine Einigung der beiden führenden Atommächte der Welt auf eine gemeinsame
Strategie zur Kriegsvermeidung. Dempsey gehört zu den Militärführern der beiden
Nationen, die die Gefahren in der gegenwärtigen strategischen Machtprobe am
besten verstehen. Tatsächlich hat sich die Gefahr des Abrutschens in einen
großen Krieg an mehreren Fronten verschärft, u.a. in Syrien, Nordkorea und im
Iran. Die Lage in Syrien ist zwei Jahre nach Beginn des von außen finanzierten
Feldzugs zum Sturz der Regierung Assad noch immer ein Patt. Beim EU-Gipfel am 14. / 15. März hatten der französische
Präsident Hollande und der britische Premier Cameron auf eine Beendigung des Waffenembargos,
das eine direkte Bewaffnung der Opposition untersagt, gedrungen, die
Entscheidung war jedoch auf Grund des heftigen Widerstands von Deutschland und
Österreich verschoben worden. Auch das Treffen der EU-Außenminister in Dublin
am 22. März endete bezüglich Syrien eine Einigung, obgleich das EU-Embargo gegen Syrien Ende Mai
ausläuft. Erleichterung bedeutet die Aussage des schwedischen Außenministers
Carl Bildt, der sagte, daß es im Kreis der Außenminister wenig Begeisterung für
die Idee gegeben habe, einen Konflikt mit Waffen zu schüren.
In der USA hat
Außenminister Kerry angekündigt, den syrischen Rebellen 60 Mio. € an ›nichttödlicher‹ Hilfe zu gewähren. Das völlige Versagen der westlichen
Politik zeigt sich darin, daß diese Hilfe säkularen Fraktionen der Opposition, die
von den von Saudi-Arabien finanzierten radikalen Dschihadisten verdrängt werden,
zugute kommen soll. Europa und die USA versuchen immer noch, die syrische
Opposition unter ihre Kontrolle zu bringen, ohne in Konflikt mit den Saudis und
anderen Golfstaaten zu geraten, die hinter den radikalen Islamisten stehen, die
den Westen meistens genauso hassen wie Assads Alawiten-Regime. Am 16. 3.
meldete die ›Los Angeles Times‹, CIA-Analysten erstellten schon Listen von sich unter
den Rebellen in Syrien befindenden Terroristen, die irgendwann mit US-Drohnen
getötet werden könnten. Die Regierung Obama weitet auch ihre Militäraktivitäten
im Asien-Pazifik-Raum aus, angeblich als Reaktion auf Nordkoreas Raketen und
Kernwaffentests und die Drohung des Landes mit Angriffen auf die USA, dies als
Vergeltung für neue Sanktionen des UN-Sicherheitsrats. US-Regierungsexperten geben
offen zu, daß sie den gegenwärtigen Zustand der nordkoreanischen Führung nicht
klar einschätzen können. In Bezug auf den Iran wiederholte der Chef der US-Nachrichtendienste,
General James Clapper, am 12. März die Einschätzung, daß der Iran trotz seiner Fortschritte
bei der Urananreicherung noch keine Arbeit an einer Atombombe begonnen hat.
Das gesamte
strategische Bild ist von regionalen Kriegen, Instabilitäten und Provokationen geprägt,
so daß die Schwelle zum Weltkrieg leicht überschritten
werden könnte, und genau das will die eingangs beschriebene Fraktion verhindern.
Am 15. 3. kündigte Chuck Hagel, der neue US-Verteidigungsminister, an, daß die
USA auf die geplante vierte Stufe ihrer Raketenabwehr in Europa verzichte, weil
die Technologie zu fehlerhaft ist. Da Moskau seit langem den Verzicht auf diese
Stationierung fordert, bietet sich vielleicht eine Chance auf eine Einigung,
wenn General Dempsey im Mai nach
Moskau reist.
10 Jahre Chaos und Zerstörung durch die
Anglo-Amerikaner im Irak Zehn Jahre nach der
Irak-Invasion, durch die Hunderttausende Iraker starben, eine der modernsten
Volkswirtschaften und Gesellschaften in Südwestasien zerrüttet wurde und eine
Ära religiös-ethnischer Kriege in der ganzen Region eingeläutet wurde, laufen
die beiden Kriegsverbrecher Tony Blair [der Anstifter des Krieges im Dienste
des Empire] und George W. BUSH, der damalige US-Präsident, noch immer frei herum.
Während G.W. Bush wenigstens in die verdiente Bedeutungslosigkeit herabgesunken
ist, reist Blair immer noch durch die Welt und schürt neue Kriege, die in einem
Weltenbrand enden könnten.
Die medizinische
Fachzeitschrift ›The Lancet‹ berichtete 2006 über Folgen des Krieges: Allein zwischen
März 2003 und Juni 2006 gab es durch den Krieg 601.027 gewaltsame Todesfälle; insgesamt forderte
der Krieg 654.965 Tote - über die ansonsten zu erwartende Sterblichkeit hinaus. Schuld an den Todesfällen waren Gewalteinwirkung,
schlechtere Gesundheits- und Ernährungsverhältnisse
sowie der wegen der jahrelangen Zerstörung durch die anglo-amerikanischen
Bombardierungen und rücksichtslose Wirtschaftssanktionen eingetretene Mangel an
Infrastruktur und anderer lebenswichtiger Versorgung. In den folgenden Jahren
starben zusätzlich Zehntausende an religiös-konfessionell motivierten
Gewalttaten. Der Irak ist heute als Nation gespaltener als jemals zuvor
in seiner modernen Geschichte. Die Kurden haben einen eigenen Semi-Staat im
Norden, relativ ruhig, mit einer Immobilien-Preisblase, aber immer noch mit
einem dramatischen Strom- und Wassermangel. Die Araber im zentralen und südlichen
Teil des Landes, mehrheitlich Schiiten, haben regionale Strukturen aufgebaut,
sie regieren sich hauptsächlich über religiöse Autoritäten und ethnische und
einfache soziale Normen. Die westlichen Provinzen Anbar, Salahuddin und Mosul sind
rebellisch, weil dort Sunniten vorherrschen und sie durch von Saudi-Arabien
gestützte extremistische, teils militante Salafisten unterwandert werden. Die
Provinzen drohen mit Abspaltung, Einrichtung einer autonomen Region oder
Sabotage aller politischen Beschlüsse der von Schiiten und Kurden geprägten
Zentralregierung. Sie werfen der Regierung von Ministerpräsident Nouri
Al-Maliki vor, ein verlängerter Arm der Islamischen Republik Iran zu sein.
Der Einfluß des Irans
hat zwar in vielen Teilen des Iraks zugenommen, sollte aber auch nicht überschätzt
werden. In dem nach der von der USA angeordneten Auflösung moderner Staatsinstitutionen,
insbesondere Streitkräfte und Polizei eingetretenen Machtvakuum konnten sich
allerlei Mächte und Terrorgruppen im Irak einmischen und zu organischen
Bestandteilen der Gesellschaft werden. In der Hauptstadt Bagdad, die seit ihrer
Gründung im Jahr 767 traditionell ein Schmelztiegel von Zivilisationen,
Kulturen und Religionen war, fordern ethnische Säuberungen ihre Opfer; die
Stadt trennt sich nun in schiitische und sunnitische Wohngebiete, mit einer
kleinen Enklave für Christen. Zehntausende irakischer Christen sind aus dem
Land geflohen oder wurden Flüchtlinge im eigenen Land, weil sie von Terroristen
verfolgt werden. Seit 2004 strömen von den Saudis gestützte Gruppen aus dem
Al-Kaida-Umfeld ins Land und überziehen die Bevölkerung mit Schrecken. Sie wenden
sich gegen schiitische Gruppen, aber auch gegen Sunniten, die mit der Regierung
oder, ironischerweise, mit den US-Besatzern kooperiert haben.
Die Politik der
Regimewechsel wird in der ganzen Region, erst in Libyen und jetzt in Syrien, mit
Hilfe dieser terroristischen Kräfte, die heute die direkte Unterstützung
Londons und Washingtons genießen, fortgesetzt. Das einzige, was die irakische
Regierung und das chaotische politische System zusammenhält, ist das Geld aus
dem Ölexport, dem einzigen noch funktionierenden Wirtschaftszweig. Die
irakische Ölförderung ist von früher 2,7 auf 3,4 Mio. Barrel täglich gestiegen
und soll 2013 mit Hilfe ausländischer Firmen weiter auf 3,7 Mio. steigen. Aber
die Infrastruktur im Land ist fast völlig unbrauchbar. Obwohl seit dem Sturz
von Saddam Husseins Regime fast 10 Jahre vergangen sind, ist die
Stromversorgung nicht wieder hergestellt, es existiert kaum eine
Landwirtschaft, und die Wasserversorgung und Kanalisation sind dermaßen zerstört,
daß eine Reparatur unmöglich ist und alles neu gebaut werden müßte. Im Januar
und Februar wurden Bagdad und große Gebiete am Tigris und Euphrat nach
ungewöhnlich starken Regenfällen überflutet. Was früher für das sehr trockene
Land ein Segen gewesen wäre, wurde jetzt zum Fluch. Die größte Gefahr liegt
jetzt in dem religiös-konfessionellen Krieg, den die Briten und die Amerikaner
schüren, um die Regierungen in Syrien und im Iran zu stürzen. Wenn er
nicht aufgehalten wird, werden nicht nur der Irak, sondern die meisten Länder
in dieser und benachbarten Regionen vom Krieg verheert werden. Quelle: Strategic
Alert Jahrgang 26, Nr. 12 vom 20. März
2013
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