Wirtschaftskunde, Lektion 1 - Von Paul Craig Roberts

Am 27. Januar 2012 gab das Büro für die US-Wirtschaftsstatistik die Ergebnisse seiner Hochrechnung bekannt,

 

laut der die Wirtschaft im letzten Quartal 2011 in inflationsbereinigtem Ausmaß real um 2,8 % gewachsen ist, was eine Steigerung der Wachstumsrate gegenüber dem dritten Quartal bedeutet. Gute Nachrichten, stimmt’s ? Stimmt nicht. [1] Die Presse hat uns nämlich nicht gesagt, daß nahezu die gesamte Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf eine unfreiwillige Aufstockung der Bestände zurückzuführen ist, was bedeutet, daß mehr Güter produziert als verkauft worden  sind. Rechnet man die unverkauften Güter ab, betrug die jährliche Wachstumsrate 0,8 %. Und sogar diese bescheidene Wachstumsrate ist eine Übertreibung, weil sie auf einer Berechnung der Inflation beruht, die die Inflation zu niedrig ansetzt. Die Berechnung der Inflation durch die Regierung der USA geht nicht mehr von einem konstanten Lebensstandard aus. Die Regierung hält die Inflationsrate dadurch niedrig, daß sie einen sinkenden Lebensstandard mißt. Das erlaubt es unseren Beherrschern, Ausgleichszahlungen zu den Lebenshaltungskosten, die an die Bezieher von Sozialleistungen gehen sollten, für Aggressionskriege, Polizeistaat und den Freikauf von Bankern abzuzweigen. Wenn eine Berechnungsmethode angewendet wird, die einen konstanten Lebensstandard mißt, um das nominelle BIP zu berechnen, so ergibt sich eine schrumpfende US-Wirtschaft. Es wird klar, daß die Wirtschaft der Vereinigten Staaten keinen Aufschwung genommen hat und sich seit nunmehr vier Jahren in einer tiefer Rezession befindet, ungeachtet der Proklamation einer Erholung durch das National Bureau of Economic Research auf der Grundlage gefälschter offizieller Zahlen. Eine Regierung kann immer die Illusion eines Wirtschaftswachstums hervorrufen, indem sie die Inflationsrate untertreibt. Es ist keine Frage, daß eine auf Ersatz beruhende Messung der Inflation die Inflation niedriger angibt, als die sie Menschen erfahren. Mehr Gewißheit darüber, daß es keine wirtschaftliche Erholung gegeben hat, bekommt man an Hand jener Daten, die von der Inflation nicht berührt werden. Würde sich die Wirtschaft tatsächlich erholen, würden diese Werte zunehmen. Stattdessen bleiben sie gleich oder nehmen ab, wie John Williams beweist [2].  

 

Wenn die Einkommen nach der originalen Methode anstatt nach der neuen auf Ersatz basierenden berechnet würden, wäre das Bild trostloser. Die Zuversicht der Konsumenten zeigt keine Erholung und liegt weit unter dem Stand von vor einem Jahrzehnt. Wie erholt sich eine Wirtschaft ohne eine Erholung des Vertrauens der Konsumenten?  Haushaltsgründungen blieben auf dem gleichen Stand seit 2009 und liegen unter ihrem früheren Höchststand. Verkäufe im Einzelhandel liegen unter dem Indexstand vom Januar 2000. Die Industrieproduktion bleibt unter dem Indexstand vom Januar 2000. Um es noch einmal zu sagen - der einzige Hinweis auf einen wirtschaftlichen Aufschwung ist die Berechnung des BIP mit einer zu niedrig angesetzten Inflation. Die US-Wirtschaft kann sich nicht erholen, da sie zu über 70 % von den Ausgaben der Konsumenten abhängt. Die Auslagerung von Mittelklassejobs hat die Steigerung von Einkommen der Mittelschicht gestoppt und einen Abfall der Kaufkraft der Konsumenten verursacht. Die Notenbank unter Alan Greenspan kompensierte die ausbleibende Steigerung der Einkommen der Konsumenten durch eine Politik der leicht erhältlichen Kredite und einer Politik der steigenden Hauspreise mit niedrigen Zinssätzen. Das ermöglichte es den Menschen, ihre Häuser zu refinanzieren und die Differenz zu dem auszugeben, was ihnen Greenspans Politik beschert hatte. Anders ausgedrückt: das Ansteigen der Verschuldung der Konsumenten und das Aufbrauchen der Ersparnisse trieben die Wirtschaft an, und zwar anstelle des fehlenden Wachstums bei den Einkommen der Konsumenten. Heute sind die Konsumenten zu verschuldet, um neue Kredite zu bekommen, und die Banken sind zu insolvent, um Kredite zu geben. Es besteht also keine Möglichkeit mehr, mangelndes Einkommenswachstum durch weitere Schulden zu kompensieren. Eine ausgelagerte Wirtschaft ist eine tote und erschöpfte Wirtschaft.

 

Die Konsequenz einer toten Wirtschaft, wenn die Regierung Billionen an Dollars für Kriege der nackten Aggression und für Freikäufe von betrügerischen Finanzinstitutionen hinauswirft, ist ein Regierungsbudget, das nur durch den Druck von Geld finanziert werden kann. Die Konsequenz des Gelddruckens, nachdem die Arbeitsplätze aus dem Land hinaus verlagert worden sind, ist eine inflationäre Depression. Die Katastrophe könnte sich heuer oder 2013 zu entfalten beginnen. Wenn sich allerdings die Probleme Europas verschlimmern, könnte die Flucht in den Dollar scharfe Anstiege der Inflation in der USA bis in das Jahr 2014 hinauszögern. Der Kaiser hat aber keine Kleider, und früher oder später wird man draufkommen.

 

Abschliessend ein Auszug aus einem Artikel von Michael Payne [3]:

 

Der Anfang vom Ende des US-Dollars als Welt-Reservewährung  

Düstere Zeiten stehen dem US-Dollar bevor, denn es sieht so aus, als schwebe seine Zukunft als Welt-Reservewährung in großer Gefahr [3]. Mehr als 50 Jahre lang war der US-$ die hauptsächlich von den Ländern der Erde verwendete Währung, um den Handel mit bestimmten Gütern wie Erdöl, Industrieprodukten und Gold zu erleichtern. Die Zeiten ändern sich jedoch und viele dieser Länder, allen voran China, schließen jetzt Handelsabkommen ab, die nur ihre eigene Währung verwenden. Es scheint also, daß die Alleinherrschaft des US-Dollars als Weltreservewährung sehr wahrscheinlich innerhalb der nächsten zehn Jahre zu Ende gehen wird. Es ist gewiß keine Überraschung, daß China, das weitgehend als führende Wirtschaftsmacht der Zukunft betrachtet wird, keine Zeit verschwendet, seine wachsende Macht und Einfluß in diesen Angelegenheiten zur Geltung zu bringen. China arbeitet aktiv mit Ländern in Asien, im Mittleren Osten und in anderen Regionen der Welt zusammen, um einschneidende Änderungen bei der Abwicklung des Welthandels und des Geldaustausches herbeizuführen. Viele dieser Länder, die sich vom Dollar weg bewegen, betrachten Amerika nicht länger als eine stabile und zuverlässige Macht auf der Bühne der Weltwirtschaft und suchen nach Alternativen als Absicherung gegen einen starken Abfall im Wert des Dollars in der Zukunft. Daß China der Hauptunterstützer dieser Bestrebungen, den Dollar zu beseitigen, ist, steht außer Frage, die Beweise dafür sind überall erkennbar. Hier einige typische Beispiele für die verschiedenen Vereinbarungen, die zwischen China und anderen Ländern in letzter Zeit abgeschlossen worden sind:

 

China und der Iran sind dabei, ein System einzurichten, in dem iranisches Erdöl gegen importierte Produkte aus China ausgetauscht wird. Das ist ganz offensichtlich ein Abkommen, das darauf abzielt, die Sanktionen der USA gegen den Iran auszuschalten, da China nicht die Absicht hat, den Import von iranischem Erdöl einzustellen. Neben dem Austauschsystem werden die beiden Länder Handel treiben und dafür den chinesischen Yuan, den iranischen Rial und Gold benutzen.

 

China und Japan haben Pläne angekündigt, den Dollar zu umgehen und ihre eigenen Währungen in ihren Handelsbeziehungen zu verwenden. Gespräche bezüglich einer Partnerschaft, die den Währungsaustausch zwischen Südkorea und China betrifft, haben ebenfalls begonnen. Das ist ein großer Schritt vorwärts, da China, Japan und Südkorea die dominanten Wirtschaftsmächte in dieser Region Asiens sind.

 

China und Rußland wickeln ihren Handel schon über ein Jahr lang ab, indem sie Rubel und Yuan benutzen.

 

China und die Vereinigten Arabischen Emirate haben ein Abkommen bekannt gegeben, dem zufolge der Yuan für den Handel mit Erdöl benutzt wird. Die chinesische Nationalbank teilte mit, daß dieses Abkommen im Wert von rund 5,5 Milliarden Dollar getroffen wurde, um »die finanzielle Zusammenarbeit zu stärken, Handel und Investitionen zu fördern und um die finanzielle Stabilität der Region beiderseits zu sichern«.

 

Rußland und der Iran haben beschlossen, den Rubel als Währung in ihren Handelsbeziehungen zu verwenden. Rußland widersetzt sich gemeinsam mit China den Sanktionen der USA gegen den Iran und hat die Absicht, eine enge Beziehung zum Iran zu pflegen. 

 

China wird den beiderseitigen Handel mit Rußland und Malaysia ausbauen und dafür je nachdem den Yuan, den Rubel und den Ringgit verwenden.

 

Die Länder der BRICS-Gruppe – Brasilien, Rußland, Indien, China und Südafrika – einigten sich bei ihrem letzten Gipfeltreffen in Sanya, China, darauf, gegenseitige Kreditlinien in den jeweiligen Währungen einzurichten. Das ist wiederum eine sehr bedeutende Entwicklung, da diese Gruppe von Ländern für einen sehr mächtigen Wirtschaftsblock der Zukunft steht.

 

Die UNCTAD, die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung hat festgestellt, daß »das derzeitige System von Währungen und Kapitalbestimmungen, das die Weltwirtschaft bindet, nicht richtig funktioniert und weitgehend für die finanziellen und wirtschaftlichen Krisen verantwortlich war«. Und weiter, daß »der Dollar durch eine Weltwährung ersetzt werden sollte«.  

 

Der Internationale Währungsfonds (IMF) veröffentlichte vor kurzem eine Erklärung, die die Ablösung des Dollars als Weltreservewährung durch ein System der speziellen Ziehungsrechte betrifft; letztere bilden unter der Bezeichnung SDR eine internationale Währungsvariante, die 1969 geschaffen wurde und im Prinzip einen Korb von nationalen Währungen darstellt, der vom  Vertrauen der Regierungen der Mitgliedsländer getragen wird. Es sieht so aus, als hätte es jeder eilig, bei der Abschaffung des Dollars als Reservewährung mitzumachen. Dieses Phänomen könnte man als Heimzahlmöglichkeit bezeichnen, nachdem viele Länder, die entweder den Respekt vor Amerika verloren haben oder dessen militärischen Zugriff fürchten, einen Weg gefunden haben, die physische Gewalt mit wirtschaftlicher Macht zu bekämpfen.  

 

Wie Paul Müller in der Berliner Umchau schreibt [4], hat sich Teheran mit Indien angeblich schon auf ein neues Bezahlungssystem für Rohstoffe geeinigt. Zugleich fließen Irans Ölströme offenbar bereits jetzt schon verstärkt in Richtung Osten, anstatt nach Europa. Andere Staaten, etwa Sri  Lanka, könnten sich anschließen. Ein Gefährliches Spiel, denn die Umstellung kommt einem Frontalangriff auf die Stellung des US-Dollars gleich. Nach Angaben der Agentur Dow Jones einigten sich Teheran und Neu-Delhi über die Türkei auf einen Ersatz für das bisherige Zahlungssystem. Einige Details der künftigen Geschäfte sind anscheinend noch offen: der iranische Rundfunk kündigte an, Indien werde »seine Erdöl-Importe künftig in Rupien oder auf andere Weise bezahlen«. Ende Januar hatte die auf Geheimdienste spezialisierte israelische Internetseite Debkafile sogar Gerüchte gemeldet, die Geschäfte könnten auf Gold-Basis umgestellt werden. Zugleich stockte Indien seine Ölimporte aus dem Iran allein diesen Januar um 37,5 % auf – und kauft damit im wesentlichen den bislang nach Europa exportierten Rohstoff. Der Iran exportiert pro Tag etwa 2,5 Millionen Barrel, wovon bislang 40 % an die Großkunden Indien und China gingen. Aus der Sicht Teherans ist dies ein notwendiger Schritt, weil die EU ab Juli Zahlungen über die Iranische Zentralbank und den Import iranischen Öls verbietet. Die USA zeigt sich mit Rücksicht auf eigenen Handelsinteressen etwas flexibler – Ende Dezember unterzeichnete Präsident Barack Obama bekanntlich ein Gesetz, das Sanktionen gegen Geschäftspartner der Bank möglich, jedoch nicht zwingend macht.

 

 

 

Quelle: www.antikrieg.com

http://www.antikrieg.com/aktuell/2012_02_02_wirtschaftskunde.htm  31. 1. 12   

Wirtschaftskunde, Lektion 1 – Von Paul Craig Roberts  - leicht gekürzt

Roberts ist ehemaliger stellvertretende US-Finanzminister

[1]  Wenn Sie erfahren wollen, was in Wirklichkeit los ist, müssen Sie sich an John Williams von shadowstats.com  wenden.

[2]  Die Graphiken zu den statistischen Angaben siehe 

http://de.ibtimes.com/articles/25268/20120202/paul-craig-roberts-ber-die-wahre-situation-der-wirtschaft.htm  2. 2. 12  Paul Craig Roberts über die wahre Situation der Wirtschaft

Original auf http://www.paulcraigroberts.org/2012/01/31/economics-lesson-1/   31. 1. 12 Economics Lesson 1

[3] www.antikrieg.com

http://antikrieg.com/aktuell/2012_02_05_deranfang.htm    4. 2. 12

Der Anfang vom Ende des US-Dollars als Welt-Reservewährung – Von Michael Payne  2012;  auszugsweise

[4]  http://www.berlinerumschau.com/news.php?id=43678&title=Abkehr+vom+Dollar+%96+Iran+stellt+Zahlungssystem+f%FCr+%D6lexporte+um&storyid=1001328776316   9. 2. 12 

Abkehr vom Dollar – Iran stellt Zahlungssystem für Ölexporte um  -  Von Paul Müller