Gewinn und Gewinnverteilung - Von Ulrich Schlüer

Die Nationalbank kündigt für 2011 einen Gewinn von 13 Milliarden Franken an. 2010 hatte sie noch 21 Milliarden Verlust eingefahren.

Der Verlust von 2010 resultierte aus dem Traum, die Schweiz könne den Euro retten, wenn sie an einem Franken-Kurs von Fr. 1.43 gegenüber dem Euro festhalte. Dieses «Festhalten» kostete sie 140 Milliarden – für schwindsüchtige Euro, die ihr enorme Verluste bescherten.

 

Gefährdetes Fundament

Vor etwas mehr als zehn Jahren präsentierten Bundesrat und Nationalbank die Idee, die Schweizerische Notenbank besitze «überflüssiges Gold». Und rasch wurden 1‘300 Tonnen «über-flüssiges Gold» verkauft – zu einem lächerlichem Tiefstpreis, nämlich zu rund 16‘000 Franken pro Kilo. Heute liegt der Preis nahe der 50‘000-Franken-Grenze. Den Erlös erhielten zu zwei Dritteln die Kantone, zu einem Drittel der Bund. Den Empfängern gefiel das reiche Manna. Werthaltiges gering schätzend und auf ständige Gewinne spekulierend, verlangen sie seither eine jährliche Überschuss-Beteiligung. Seit der Banken- und der Überschuldungskrise weiss heute allerdings selbst die Nationalbank: Von «überflüssigen Goldreserven» zu sprechen ist fahrlässig und zeugt von  fehlender Weitsicht. Heute wäre man überglücklich, die 1‘300 viel zu billig verschacherten Tonnen Gold wären noch im Besitz der Nationalbank.

 

Gewinn-Ausschüttung

Der Nationalbankgewinn des Jahres 2011 resultiert vor allem aus der Wertsteigerung des Nationalbank-Goldes. Dieser (beträchtliche) Teil des Gewinns ist indessen reiner Buchgewinn. Auch im letzten Jahrzehnt erzielte die Nationalbank Gewinne fast ausschliesslich aus der Höherbewertung ihrer Goldreserven. Es waren reine Buchgewinne. Um diese Buchgewinne an Bund und Kantone ausschütten zu können, mussten sie verflüssigt werden, wozu insgesamt weitere 260 Tonnen Gold verkauft werden mussten. Heute besitzt die Nationalbank noch 1‘040 Tonnen.

 

Abgesehen davon, dass «Gewinnausschüttungen» (insbesondere nach dem schweren Verlustjahr 2010) in einer von Währungsturbulenzen, von Schwindsucht bei Weltwährungen wie Dollar und Euro gezeichneten krisenhaften Gegenwart ohnehin fragwürdig sind, so darf es ganz sicher nie wieder geschehen, dass die Nationalbank weiteres Gold von den ihr noch verbliebenen, klar zu geringen Goldreserven verkaufen muss, nur um Buchgewinne zu verflüssigen.

 

Wer die Überschuldungskrise in den Euro-Ländern und den USA verfolgt, weiss genau: Vorsicht, sorgfältige Reservehaltung ist das Gebot der Stunde. Die Nationalbank sollte, anstatt sich in Fremdwährungen zu verspekulieren, ihre Goldreserven tendenziell wieder vergrössern. Wenn die Überschuldung ins Bodenlose fällt, können genügend werthaltige Reserven das Land und seine Bewohner vor dem Schlimmsten, zum Beispiel vor galoppierender Inflation bewahren.

 

Gold-Initiative

Pro memoria: Hätte die Nationalbank in den letzten gut 10 Jahren kein angeblich «überflüssiges Gold» leichtfertig verhökert, dann betrüge ihr Buchgewinn allein aus dem Goldpreis-Anstieg 2011 12½ Milliarden statt der heute ausgewiesenen 5 Milliarden. Was zur Unzeit verschleudert wurde, fehlt unwiederbringlich. Allein die Gold-Initiative «Rettet unser Schweizer Gold» kann der Goldpolitik von Bund und Nationalbank die notwendige, auf den Schutz des Volksvermögens ausgerichtete Wendung geben. Die Unterschriftensammlung läuft. Volk und Steuerzahler können Einfluss nehmen.  [1] 

 

Der Euro bleibt unter Druck - Alles nur Spekulanten?

Nachdem Rating-Agenturen mehreren Euro-Staaten – darunter auch dem wichtigen Frankreich – schlechtere Bewertungen ausgestellt haben, nachdem allein das in seinen Schulden schlingernde Italien für 2012 einen Umschuldungsbedarf von rund 300 Milliarden Euro angemeldet hat, nachdem sich die USA der von der Französin Christine Lagarde für die Euro-Rettung vorgesehenen Erhöhung der Währungsfonds-Mittel um 600 Milliarden Dollar verweigert hat, verstärkt sich der Druck auf den Euro einmal mehr. Erstmals seit September 2011 nähert sich der Euro-Kurs dramatisch dem ominösen Grenzwert-Kurs von Fr. 1.20, dessen Unterschreitung die Schweizerische Nationalbank zu Interventionen – also zu Euro-Aufkäufen allenfalls in beträchtlichem Umfang – veranlassen würde. Die Medien sind angesichts solch bedrohlicher Entwicklung mit Schuldzuweisungen rasch zur Stelle: «Die Spekulanten» würden den Franken und die Schweizerische Nationalbank «testen», behaupten sie fast unisono. Trifft diese Behauptung zu?

 

Pensionskassen sind die grössten Anleger

Die Schuldzuweisung an Spekulanten ist höchstens teilweise gerechtfertigt. Zu den bedeutendsten Anlegern insbesondere in Staatspapiere gehören nämlich seit Jahren die grossen Pensionskassen verschiedener Länder – die kaum pauschal als «Spekulanten» abgetan werden können.

Das deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» hat am 12. Dezember 2011 den Anlagechef einer Pensionskasse porträtiert, der nicht weniger als 300 Milliarden Euro Pensionskassengelder in den Finanzmärkten anzulegen hat und der mit seinen Anlagegeldern bis vor kurzem vor allem in jahrelang als besonders solide, aus Schweizer Sicht konstant als «mündelsicher» eingestuften Euro-Staatspapieren engagiert war. Angesichts der sich im Euro-Raum gefährlich zuspitzenden Überschuldungskrise hat sich dieser über 300 Milliarden € Anlagegelder verfügende, sich Tausenden von «seiner» Pensionskasse angeschlossenen Arbeitnehmern verpflichtet fühlende Anlagechef gegen Ende 2011 entschlossen, aus Euro-Staatspapieren vollumfänglich auszusteigen.

 

Folgenreiche Entscheidung

Sein Schritt konnte nicht unbemerkt bleiben – er ist den seiner Kasse angeschlossenen, für ihren Lebensabend zum Zwangssparen angehaltenen Mitgliedern über sein Handeln schliesslich Rechenschaft schuldig. Sein Entscheid – wohl überlegt und nach sorgfältiger Lagebeurteilung in voller Verantwortung seinen Kassenmitgliedern gegenüber getroffen – fand Beachtung und beeinflusste das Anlageverhalten anderer markant. Der Entscheid wurde – nicht zu Unrecht – als Vertrauensentzug gegenüber dem Euro und der EU gewertet. Der Entscheid fand Nachahmer – bei grösseren wie kleineren Anlegern und beeinflusste  auch den Kurs dieser Euro-Staatspapiere markant. Das Vertrauen in die Europa zunehmend zerreissende Kunstwährung Euro wurde einmal mehr erschüttert.

 

Ist es gerechtfertigt, diesen Anlagechef, der 300 Milliarden Pensionsgelder so sicher wie irgendwie möglich anzulegen hat, als «Spekulanten» zu verurteilen? Es gibt politische Stimmen sowohl in Brüssel als auch in den von der Überschuldung besonders gebeutelten Euro-Staaten, die verlangen wollen, dass wenigstens die staatlichen Pensionskassen, jene der Staatsangestellten also, gezwungen werden sollten, ihre Anlagen in Euro-Staatsanleihen auf jeden Fall aufrecht zu erhalten. Angenommen, diese Forderung setzt sich durch – wer trägt dann die Folgen, wenn der Euro eine weitere massive Entwertung erfährt oder gar kollabiert? Müssten jene Zehntausende, die solchen an Euro-Staatspapiere gefesselten Kassen zwangsweise angeschlossen sind, den eintretenden Schaden einfach selber tragen? Oder müssten die ohnehin rettungslos überschuldeten Staaten für die Renten dieser an schlechte Anlagen geketteten Kassen garantieren? Woher nähmen diese Staaten das Geld, um die Haftung für ausfallende Renten überhaupt wahrnehmen zu können? Wäre ihnen im Dienst einer solcher Haftung zu gestatten, den Euro bewusst zu inflationieren: diese Kunstwährung also derart zu entwerten, dass schliesslich eine Übernahme der Rentenpflicht zwar möglich würde, die auszuzahlenden Renten dann aber wertmässig völlig ausgehöhlt wären?

 

Verantwortung und Spekulation

Nein! Der Pensionskassen-Anlagechef, der dem Werterhalt der ihm anvertrauten Pensionsgelder höchste Priorität beimisst, kann gewiss nicht als Spekulant abqualifiziert werden. Sicher gibt es Finanzhaie, die mit der Überschuldung der Staaten und dem daraus resultierenden, ins Uferlose wuchernden Kreditbedarf spekulative Operationen abwickeln. Die Überschuldung der Staaten, sowohl der USA als auch einer dramatisch zunehmenden Zahl von Euro-Staaten, ist indessen nicht das Werk von Spekulanten. Die Überschuldung des Euro-Raums resultiert daraus, dass weniger leistungsfähige und auch weniger leistungsbereite EU-Südstaaten (Griechenland, Italien, Spanien, Portugal und bedrohlicherweise auch Frankreich) durch Einbindung in die Einheits-Kunstwährung Euro mit der absurden Begleiterscheinung gleicher Kreditzinsen für alle Euro-Länder plötzlich zu gleich günstigen – in Wahrheit aber marktverzerrenden – Bedingungen wie der Exportweltmeister Deutschland Kredit erhielten. Mit der voraussehbaren Reaktion, dass sich diese Staaten im Vergleich zur Vor-Euro-Zeit für vermeintlich gleiche Kreditlasten doppelt oder dreimal so gravierend verschuldet haben. Sie sahen sich schlicht und einfach im Paradies und glaubten, sich im Rahmen des Euros plötzlich alles leisten zu können.

 

Solches haben nicht Spekulanten, solches haben die Politiker verschuldet, die sich über die grundlegenden Gesetze der Ökonomie mit der von ihnen geschaffenen Einheits-Kunstwährung Euro hinwegsetzen zu können glaubten. Die Zeit ist überreif, um die wahrhaft Schuldigen an der Euro-Krise endlich zu identifizieren. Nicht die Spekulanten, die Politiker sind schuldig.  [2]

 

Strategisches Denken

Kein Land der Welt ist höher verschuldet als die USA. Wer die Dinge bei ihrem zutreffenden Namen nennt, bezeichnet die USA heute als «Pleite-Kandidat». Bei Gesamteinnahmen von 2.174.- Mrd. $ (2.174.000.000.000.-) verzeichnet die USA 2011 ein Haushaltsdefizit von 1.101.- Mrd. $. Washingtons Gesamtverschuldung beträgt heute 103 % des US-Bruttoinlandprodukts (BIP). Mit anderen Worten: Die Schulden sind höher als der gesamte Jahres-Wirtschaftsertrag sämtlicher Firmen und Privaten der USA.

 

Tiefgreifende Gewichtsverschiebung

Der im US-Kongress tobende Streit ums Budget ist in Wahrheit ein Streit um die Position der USA in der Welt. Die USA veranschlagten ihren Verteidigungs-Etat 2011 auf 768 Mrd. $. Armee-Ausgaben in dieser Höhe kann sich Washington nicht mehr leisten. Die Verteidigungskapazität werde, erklärte kürzlich Präsident Obama, zurückgenommen: Die USA müsste gleichzeitig irgendwo in der Welt bloss noch einen Krieg führen können; bis anhin zielte die US-Doktrin darauf ab, zwei Kriege gleichzeitig führen (und gewinnen) zu können. Wie im Irak und Afghanistan. Zwei Kriege, die – gemessen an den ursprünglichen Kriegszielen – allerdings verloren gingen. Leidliche Gesichtswahrung beim Rückzug war alles, was erreicht werden konnte. Die Welt erlebt eine dramatische machtpolitische, und in deren Gefolge auch wirtschaftliche Gewichtsverlagerung: Weg von der in ihrer Überschuldung gefangenen Alten Welt – hin zu den aufstrebenden Mächten in Fernost.

 

Und die Schweiz?

Eigentlich kennt die Schweiz die bewährten Verhaltensregeln, die das eigene Überleben in Unabhängigkeit und Selbstbestimmung auch angesichts weltpolitischer Erschütterungen am ehesten sichern: Nicht-Einmischung und Nicht-Parteinahme bei Machtverschiebungen globalen Ausmasses. Zurückhaltung, «Stillesitzen», Offenheit in den Wirtschaftsbeziehungen: als Land ohne Rohstoffe ist ein Wirtschaftsrückzug auf sich selbst undenkbar. Sorgfältige Pflege der eigenen Stärken: Der Stabilität dank direkter Demokratie. Und angesichts der als rettungslos erscheinenden Überschuldung von EU und USA ist der Erhalt einer soliden, stabilen Währung als Fundament eigenständiger, unserem Land dienender Währungspolitik heute unverzichtbar. Und dann müssen vorurteilslose Lagebeurteilung und strategisches Urteilsvermögen wieder geschärft werden. Vor etwa zwei Jahren wurde der Chef unserer Armee, Kkdt André Blattmann, von einem Armeegegner angegangen, von wo in Europa heute überhaupt noch Unruhe ausgehen könne. Blattmann nannte – Monate vor Ausbruch der grossen Euro-Krise – Athen. Und erntete seitens der Linken eine wortreiche demonstrative Entrüstung: Es sei verwerflich, einen «befreundeten EU-Staat» als Unruheherd zu bewerten…… Blattmann – das weiss heute jedermann – urteilte lagegerecht. Wenn die EU – wie das derzeit offensichtlich ist – ihre weniger leistungsbereiten Südländer in die Armut treibt, wird die Zahl der Unruheherde in unserer Umgebung zunehmen. Politiker brauchen nichts zu beschönigen, dürfen uns keinen Sand in die Augen streuen und dürfen Augen und Ohren vor tektonischen Verschiebungen im Machtgefüge der Welt nicht verschliessen. Sie haben – rechtzeitig, also heute – alle Vorkehrungen zu treffen, damit unserem Land und unserer Bevölkerung Unruhen erspart bleiben. Dafür - in allererster Linie dafür - sind sie gewählt worden.  [3]

 

   

 

[1]  http://www.gesunde-waehrung.ch/downloads/120124-goldstueck.pdf   24. 1. 12 

24. 1. 12   Gesunde Währung, Postfach 23, 8416 Flaach

http://www.gesunde-waehrung.ch/

Für höhere Goldreserven

Gegen die uferlose Verschuldung der Staatshaushalte

Gegen die Geldentwertung auf Kosten der Sparer und Steuerzahler

[2]  http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/News/Alles_nur_Spekulanten-475

27. 1. 12

[3]  http://www.armee-volltreffer.ch/infos/-2012/strategisches-denken.html  26. 1. 12