Die Destabilisierung Syriens und die Ausweitung des Kriegs im mittleren Osten - Von Michel Chossudovsky

Was sich in Syrien abspielt, ist ein bewaffneter Aufstand, der von ausländischen Mächten verdeckt unterstützt wird, u. a. von der USA, der Türkei und Israel.

Bewaffnete Aufständische, die zu islamistischen Organisationen gehören, sind über die Grenzen Syriens mit der Türkei, mit dem Libanon und mit Jordanien eingesickert. Das US-Außenministerium hat bestätigt, daß es den Aufstand unterstützt. Die USA baut ihre Kontakte zu Syrern, die auf einen Regimewechsel in ihrem Land hinarbeiten, aus. Das hat Victoria Nuland, eine Mitarbeiterin des US-Außenministeriums, zugegeben. »Wir haben Kontakte zu Syrern, die einen Wechsel herbeiführen wollen, im In- und Ausland geknüpft«, sagte sie. Nuland hat auch bestätigt, daß Barack Obama den syrischen Präsidenten Baschar Assad angerufen und ihn aufgefordert hat, Reformen einzuleiten oder die Macht abzugeben. 1  

 

Die Destabilisierung der Souveränität Syriens und des Libanons wird seit mindestens

zehn Jahren von dem aus der USA, der NATO und Israel bestehenden Militärbündnis geplant. Die Aktion gegen Syrien ist Teil eines militärischen Fahrplans, einer Folge von  Militäroperationen. Nach Aussage des ehemaligen NATO-Kommandeurs General Wesley Clark hat das Pentagon den Irak, Libyen, Syrien und den Libanon als Zielländer für Interventionen der USA und der NATO vorgesehen. »[Die] auf 5 Jahre angelegte Kampagne [umfasst] …. insgesamt sieben Staaten: Erst den Irak, dann Syrien, den Libanon, Libyen, den Iran, Somalia und den Sudan.« [Aussage eines Pentagon-Offiziellen, zitiert nach General Wesley Clark]. In seinem Buch Winning Modern Wars schreibt Clark auf Seite 130: »Als ich im November 2001 wieder einmal im Pentagon war, hatte einer der höheren Stabsoffiziere Zeit für ein Gespräch. Er erzählte, daß es bald zum Krieg gegen den Irak kommen werde, es sei aber noch mehr geplant. Der Irak-Krieg werde nur Teil einer 5jährigen Kampagne gegen insgesamt sieben Länder sein; mit dem Irak werde begonnen, dann sollten Syrien, der Libanon, Libyen, der Iran, Somalia und der Sudan folgen. Er klang aufgebracht, fast so, als könnte er das Gesagte selbst nicht glauben. Ich beendete das Gespräch, weil ich solche Dinge nicht hören wollte. Ich wollte auch nicht, daß es dazu kommt. .... An diesem Nachmittag  verließ ich das Pentagon sehr betroffen.« Ziel ist es, den syrischen Staat zu destabilisieren und mit der verdeckten Unterstützung eines bewaffneten Aufstands durch islamistische Milizen einen Regimewechsel herbeizuführen.

 

Desinformation durch die Medien

Obwohl die westlichen Medien darüber informiert sind, daß es sich um einen bewaffneten

Aufstand handelt, berichten sie das nicht. Wenn sie die Fakten anerkennen und analysieren

würden, könnten wir die gegenwärtigen Ereignisse ganz anders einschätzen. Stattdessen melden sie immer wieder, daß die Streitkräfte und die Polizei Syriens immer mehr friedlich protestierende Zivilisten rücksichtslos umbringen. Syrischen Pressemeldungen zufolge gab es jedoch von Beginn der Protestbewegung an Schusswechsel zwischen bewaffneten Aufständischen und der Polizei, mit Verlusten auf beiden Seiten. Der Aufstand begann Mitte März in der Grenzstadt Daraa, 10 km von der jordanischen Grenze entfernt. Die am 18. März in Daara beginnenden Proteste wiesen alle Merkmale eines inszenierten Ereignisses auf und wurden höchstwahrscheinlich durch vom Mossad und/oder von westlichen Geheimdiensten instrumentalisierte islamistische Terroristen ausgelöst. Nach syrischen Regierungsquellen spielten dabei radikale salafitische Gruppen, die von Israel unterstützt werden, eine wichtige Rolle. 2 In anderen Berichten wird auf die Rolle Saudi-Arabiens bei der Finanzierung der Protestbewegung hingewiesen. Was sich in Daara in den auf die auslösenden Zusammenstöße am 17. und 18. März folgenden Wochen entwickelte, ist die Konfrontation zwischen der Polizei und den Streitkräften Syriens auf der einen und Gruppen von bewaffneten Terroristen und Scharfschützen, die in die Potestbewegung eingesickert sind, auf der anderen Seite. Schon in den ersten Berichten aus Syrien wurde deutlich, daß viele der Protestierenden keine friedlichen Demonstranten, sondern eingeschleuste Terroristen waren, die vorsätzlich mordeten und Brände legten. Die Überschrift eines Berichtes in einer israelischen Zeitung faßt zusammen, was geschah: Syrien - Sieben Polizisten getötet, Gebäude von Protestierenden in Brand gesetzt. 3

 

Die Rolle der Türkei

Das Zentrum des Aufstands hat sich jetzt in die kleine Grenzstadt Jisr al-Shughour verlagert,

die 10 km von der türkischen Grenze entfernt ist. Über die türkische Grenze sind bewaffnete Provokateure nach Jisr al-Shughour gekommen, ein Städtchen, das 44.000 Einwohnern hat. Nach Berichten haben daraufhin Mitglieder der Muslimbruderschaft 4  im Nordwesten Syriens zu den Waffen gegriffen. Es gibt Anzeichen dafür, daß der Geheimdienst und das Militär der Türkei dieses Einsickern unterstützen. Es gab keine Massenproteste von Zivilisten in Jisr al-Shughour. Die örtliche Bevölkerung geriet aber ins Kreuzfeuer. Die Kämpfe zwischen bewaffneten Rebellen und Regierungstruppen haben eine Flüchtlingswelle ausgelöst, die ins Zentrum der Aufmerksamkeit der Medien gerückt ist. Im Gegensatz dazu gab es in Syriens Hauptstadt Damaskus, in der sich die Zentralen der sozialen Bewegungen befinden,  (friedliche) Massenversammlungen, die eher Unterstützung für als Opposition gegen die Regierung ausdrückten. Präsident Baschar al Assad wird häufig mit den Präsidenten Ben Ali von Tunesien und Hosni Mubarak von Ägypten verglichen. Die Mainstream-Medien versäumen es jedoch, dabei zu erwähnen, daß der syrische Präsident Al Assad trotz seines autoritären Regimes eine populäre Figur ist, die von großen Teilen der syrischen Bevölkerung unterstützt wird. Daß sich am 29. März an einer großen Kundgebung  in  Damaskus nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters mehrere zehntausend

Anhänger des Präsidenten Al Assad beteiligten, fand in den westlichen Medien kaum Erwähnung. Stattdessen verkauften sie ihren Lesern und Zuschauern unter Verdrehung der Tatsachen Bilder und Videos von mehreren Pro-Regierungs-Demos als Belege für Massenproteste gegen den syrischen Präsidenten und seine Regierung. Am 15. Juni bewegte sich ein Zug von Tausenden von Menschen und mehreren Kilometern Länge mit einer 2,3 km langen syrischen Fahne entlang einer großen Autostraße in Damaskus. Die westlichen Medien berichteten zwar über diese Demonstration, spielten sie aber als irrelevant herunter. Das syrische Regime ist zwar nicht demokratisch, die Militärallianz zwischen der USA, der NATO und Israel beabsichtigt aber keineswegs, die Demokratie in Syrien zu fördern. Das Gegenteil ist der Fall. Washington will nur ein Marionettenregime installieren.

 

Die Medienkampagne dient dem Ziel, Al Assad zu dämonisieren und Syrien als säkularen

Staat zu destabilisieren. Das zuletzt genannte Ziel soll durch die verdeckte Unterstützung

verschiedener islamistischer Organisationen erreicht werden: »Syrien wird von einer autoritären Oligarchie beherrscht, die mit brutaler Gewalt gegen die Bürger vorgeht  ….... Die Unruhen in Syrien haben jedoch sehr komplexe Ursachen. Sie können nicht nur als aufrichtiges Streben nach Freiheit und Demokratie angesehen werden. Die USA und die EU versuchen den Aufruhr in Syrien auszunutzen, um die syrische Führung unter Druck zu setzen und einzuschüchtern. Aber auch Saudi-Arabien, Israel, Jordanien und das Bündnis vom 14. März haben bei der Inszenierung des bewaffneten Aufstands eine Rolle gespielt. Die Gewalt in Syrien wurde unter Ausnutzung der inneren Spannungen von außen in das Land hineingetragen. ….... Nicht nur mit den gewaltsamen Reaktionen der syrischen Armee, sondern auch mit Lügen und Fälschungen machen die Medien Stimmung. Die USA und die EU haben bestimmte Elemente der syrischen Opposition außerdem mit Geld und Waffen versorgt. Geld ist auch obskuren, wenig renommierten syrischen Oppositionellen im Ausland zugeflossen, und insgeheim wurden Waffen aus Jordanien und aus dem Libanon nach Syrien geschmuggelt.« 5

 

Das Militär- und Geheimdienstabkommen zwischen Israel und der Türkei

Die geopolitischen Auswirkungen dieses Prozesses der Destabilisierung sind weitreichend,

denn die Türkei ist an der Unterstützung der Rebellen beteiligt. Die türkische Regierung hat die syrischen Oppositionsgruppen, die den bewaffneten Aufstand vorantreiben, geduldet, als sie sich noch im Exil in der Türkei befanden. Die Türkei setzt die Regierung in Damaskus unter Druck, damit sie der Forderung Washingtons nach einem Regimewechsel nachkommt. Die Türkei hat eine starke Armee und ist Mitglied der NATO. Außerdem besteht zwischen Israel und der Türkei schon lange ein Militär- und Geheimdienstabkommen, das ausdrücklich gegen Syrien gerichtet ist.

 

...... Eine 1993 vereinbarte Absichtserklärung führte zur Einrichtung eines gemeinsamen israelisch-türkischen Komitees zur Erkennung regionaler Bedrohungen. Laut dieser Erklärung haben die Türkei und Israel vereinbart, bei der Sammlung geheimdienstlicher Erkenntnisse über Syrien, den Iran und den Irak zusammenzuarbeiten und sich regelmäßig zu treffen, um Bewertungen zum Terrorismus und zu den militärischen Fähigkeiten dieser Länder auszutauschen......  Die Türkei hat der Armee und den Sicherheitskräften Israels erlaubt, von türkischem Boden aus auf elektronischem Weg Informationen über Syrien und den Iran zu sammeln. Im Gegenzug war Israel der Türkei bei der Ausrüstung und Ausbildung von türkischen Sicherheitskräften behilflich, die im Antiterrorkrieg entlang den Grenzen zu Syrien, dem Irak und dem Iran eingesetzt werden.

 

Bereits unter der Clinton-Regierung hatte sich eine militärische Dreiecksverbindung zwischen der USA, Israel und der Türkei herausgebildet. Dieser Dreierbund, der letztlich vom US-Generalstab befehligt wird, integriert und koordiniert militärische Entscheidungen der drei Staaten, die sich auf die Großregion Mittlerer Osten beziehen. Er basiert auf den engen militärischen Beziehungen Israels und der Türkei zur USA und starken bilateralen militärischen Beziehungen zwischen Tel Aviv und Ankara. ..….. Dieser Dreierbund wird durch eine 2005 zwischen der NATO und Israel geschlossene Kooperationsvereinbarung ergänzt, die viele Bereiche von gemeinsamem Interesse wie den Kampf gegen den Terrorismus und gemeinsame Militärmanöver umfaßt. Diese militärische Zusammenarbeit mit der NATO wird von israelischen Militärs auch als Mittel angesehen, die Abschreckungsfähigkeit Israels in Bezug auf potentielle Feinde zu erhöhen, hauptsächlich gegenüber dem Iran und Syrien. 6   Die verdeckte Unterstützung der bewaffneten Aufständischen in Syrien durch der Türkei oder von Jordanien aus wird zweifellos im Rahmen des Militär- und Geheimdienstabkommens zwischen der Türkei und Israel koordiniert.

 

An einem gefährlichen Scheideweg

Israel und die NATO haben 2005 eine enge militärische Zusammenarbeit vereinbart. Durch diesen Kooperationsvertrag ist Israel faktisch zum Mitglied der NATO geworden. Sollte die NATO einen Militäreinsatz gegen Syrien starten, wären wegen dieses Abkommens  höchstwahrscheinlich auch israelische Truppen daran beteiligt. Auch die Türkei würde ein aktive Rolle dabei spielen. Eine mit vorgeschobenen humanitären Gründen getarnte Militärintervention der NATO in Syrien würde zur Ausweitung des von der USA und der NATO geführten Krieges auf ein riesiges Gebiet führen, das sich von Nordafrika über den Mittleren Osten bis nach Zentralasien, vom östlichen Mittelmeer über Afghanistan und Pakistan bis zur Grenze Chinas erstreckt. Sie würde auch einen Prozess der politischen Destabilisierung im Libanon, in Jordanien und in Palästina hervorrufen und die Bühne für einen Konflikt mit dem Iran bereiten.

 

 

Quelle:

http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_11/LP09811_240611.pdf  24.06.11

Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein

LP 098/11; die Übersetzung des Artikels verdanken wir dieser Stelle

http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=25312   17. 6. 11 The Destabilization of Syria and the Broader Middle East War - By Michel Chossudovsky

Informationen zum Autor unter  http://de.wikipedia.org/wiki/Michel_Chossudovsky

 

1 Voice of Russia, 17. Juni 2011

2 http://de.wikipedia.org/wiki/Salafiyya

3 http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=24591  3. 5. 11

»SYRIA: Who is Behind The Protest Movement? Fabricating a Pretext for a US-NATO Humanitarian Intervention« by Michel Chossudovsky

4 siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Muslimbr%C3%BCder

5 Zitiert aus America's Next War Theater: Syria and Lebanon? Von Mahdi Darius Nazemroaya auf http://globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=25000  10. 6. 2011

6 Siehe Michel Chossudovsky Triple Alliance: The US, Turkey, Israel and the War on Lebanon auf http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=2906   6. 8. 2006