Libyen - Die Heuchler entlarvt

d.a. Das humanitäre Mäntelchen, in das man den brutalen Überfall gekleidet hat, ist inzwischen recht fadenscheinig geworden.

Mit jeder neuen Nachricht, die aufdeckt, auf welche Weise die CIA und die mit ihr Verbündeten im Hintergrund agieren, wird es noch fadenscheiniger.   
 
Die Schlächter, schreibt der »Bundesverband Arbeiterfotografie« in einem Appell vom 21. März, sind unter uns. Einige von ihnen sind gewählt. Sie heissen Obama, Sarkozy usw. Sie sind die Despoten, die sich an das grosse Kapital verkauft haben, in dessen Interesse sie agieren und die Weltöffentlichkeit manipulieren. Diejenigen, die uns einreden wollen, es ginge in Libyen um den Schutz von Zivilisten, sind die eigentlichen Despoten und Demagogen. Sie erfinden Verbrechen und geben vor, gegen diese einschreiten zu müssen; sie nennen diejenigen, deren Beseitigung sie planen, Schlächter und lassen selber Menschen abschlachten, in unzähligen Kriegen und jetzt auch in Libyen. Die Propaganda, die den Raubüberfall legitimieren soll, hat die Medien fast vollständig durchdrungen. Zu einem grossen Teil sind die Medien eine treibende Kraft bei der Manipulierung der Weltöffentlichkeit. »Dabei«, legt die Arbeiterfotografie ferner sehr richtig dar, »ist es sein [Gaddafis] gutes Recht, einen Angriff von aussen abzuwehren - einen Angriff, der zunächst verdeckt über die sogenannten Rebellen geführt worden ist und jetzt von Staaten der NATO offen betrieben wird.« Die Arbeiterfotografie fordert dazu auf, umzudenken und von der Übernahme der Kriegspropaganda abzulassen. Es ist eine Situation, die mit den Kriegen gegen den Irak vergleichbar ist 1. Reinhard Merkel, Professor für Rechtsphilosophie und Strafrecht an der Universität Hamburg, erklärte am 18. März in einem n-tv-Interview: »Man muss..... sehen, dass jede Regierung, die nach aussen hin völkerrechtlich legitimiert ist, das grundsätzliche Recht hat, gewaltsame Aufstände niederzuschlagen. So bitter das sein mag.« Das gilt natürlich erst recht für den Fall, dass ein Aufstand der Auftakt für einen geplanten Raubüberfall ist.
 
Nun verhält es sich ja bekanntlich so, dass der wahre Sachverhalt vielfach erst dann in unseren Zeitungen erscheint, wenn er von der US-Presse publik gemacht wurde. So verhält es sich auch bezüglich der Aktivitäten der CIA in Libyen.
 
Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung 2 am 1. 4. meldete, hat Obama die  Geheimoperationen in Libyen nach übereinstimmenden Berichten vor Wochen autorisiert, um die bedrängten Rebellen zu unterstützen. Wie es heisst, habe es bei Angriffen auf Ziele in Tripolis am 30. März Dutzende ziviler Opfer gegeben. Mit welchem Zynismus die Namen für Militäroperationen ausgewählt werden, zeigt sich auch dieses Mal: der NATO-Einsatz nennt sich Unified Protector. Er wäre jedoch - für niemanden verkennbar - der Wirklichkeit entsprechend mit Unified Destroyers zu bezeichnen. Wie der Bericht ausführt, »sind Agenten des amerikanischen Auslandsgeheimdienstes CIA seit Wochen in Libyen im Einsatz, um die Aufständischen in ihrem Kampf gegen das Regime des Diktators Muammar al Gaddafi zu unterstützen.« Dies laut einer in den Medien übereinstimmend veröffentlichten Meldung vom 31. 3., die sich auf mehrere ranghohe Regierungsmitarbeiter in Washington beruft. Die FAZ führt hierzu weiter aus: »Zahlreiche Agenten und Informanten sind von der CIA-Station an der inzwischen geschlossenen amerikanischen Botschaft in Tripolis in die Rebellenhochburg Benghasi im Osten des Landes übergesiedelt; dazu wurde zusätzliches Personal ins Land geschickt. Aufgabe der CIA-Mitarbeiter ist es, das amerikanische Militär und Verbündete bei der Zielauswahl für Luftangriffe zu unterstützen, indem Informationen über Munitionsdepots oder Stellungen und Bewegungen von Regimetruppen - vor allem in den umkämpften Städten des Ostens wie auch in der Hauptstadt Tripolis - eingeholt werden.  ….. Wie viele CIA-Mitarbeiter in Libyen im Einsatz sind, ist nicht bekannt. Fachleute gehen aber davon aus, dass die CIA - ebenso wie der britische Geheimdienst MI6  - Dutzende von Mitarbeitern zum Einsatz nach Libyen abkommandiert hat. Präsident Barack Obama hat die Mission der CIA in Libyen schon vor Wochen mit einem Geheimbefehl autorisiert. Die Autorisierung des Einsatzes durch den Präsidenten umfasst auch die Lieferung von Waffen an die libyschen Rebellen; es seien aber noch keine Waffen geliefert worden, liess ein Regierungsmitarbeiter die New York Times wissen. »Zwar lehnten es die CIA und das Weiße Haus ab«, liest  man ferner, »sich zu den Berichten öffentlich zu äußern: Es sei gängige Praxis für diese und alle anderen amerikanischen Regierungen, sich zu Geheimdienst-Angelegenheiten nicht zu äußern«, sagte etwa Präsidentensprecher Jay Carney. Die Versorgung der Presse mit Informationen dieser Art lässt, wie die FAZ darlegt, politisches Kalkül hinter den Veröffentlichungen vermuten. Für den US-Bürger soll offenbar die Information verbreitet werden, dass die USA trotz ihrer reduzierten Rolle bei den Luftangriffen weiterführend aktiv in Libyen ist, um das von Obama mehrfach bekräftigte politische Ziel des Sturzes von Gaddafi zu erreichen. Was die Lieferung von Waffen an die Aufständischen betrifft, so heisst es in der FAZ, dass Kritiker möglicher Waffenlieferungen durch die USA bemängelt haben, dass man zu wenig über deren Ziele wisse; »man könne eine Unterwanderung der Bewegung durch Islamisten und Terroristen nicht ausschließen, so daß die für den Aufstand gegen Gaddafi gedachten Waffen am Ende in die falschen Hände fielen.« Diesbezüglich liess sich Mike Rogers (Michigan), der republikanische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses, der von dem Gedanken, den libyschen Rebellen Waffen zu liefern, nicht überzeugt ist, wie folgt vernehmen: »Dies sei eine ›schreckliche Idee‹. Wir wissen, wogegen die Rebellen sind. Aber wir wissen nicht wirklich, wofür sie sind.« Vielleicht ist dies auch der Grund dafür, dass sich Verteidigungsminister Robert Gates dafür aussprach, die US-Beziehungen zu den Aufständischen vorerst nicht weiter auszubauen und sie nicht zu bewaffnen. Seit dem 3. 4. fliegen US-Kampfjets keine Einsätze mehr gegen die Regierungssoldaten, wie US-Generalstabschef Admiral Mike Mullen vor dem Kongress in Washington ankündigte. Die USA wollte sich ab diesem Datum auf eine rein unterstützende Rolle beschränken und nur auf Bitten der NATO-Führung wieder Angriffe auf Libyen fliegen, erklärte Mullen. Das Ende der US-Kampfeinsätze wurde im Kongress umgehend kritisiert. Dabei gäbe die USA ein wichtiges Werkzeug auf, mit dem die Menschen in Libyen vor den Angriffen der Gaddafi-Truppen geschützt werden könnten, erklärte ein Senator.
 
Auch Arnold Schölzel berichtet in der Jungen Welt, dass die USA in Libyen CIA-Agenten im Einsatz hat, um die Aufständischen und die Luftangriffe zu unterstützen. Zugleich meldeten mehrere Medien, dass Dutzende britischer Spezialkommandos und Mitarbeiter des Geheimdienstes MI6 ebenfalls seit längerer Zeit in Libyen aktiv sind. Die britischen Agenten lenken nach Darstellung der New York Times Luftschläge und sammeln Informationen über die Position von Panzerkolonnen des libyschen Militärs sowie über Artillerie- und Raketenstellungen. Offenbar koordinieren sie auch die Aktionen der Aufständischen und versuchen, hochrangige libysche Militärs und Politiker zum Überlaufen zu bewegen 3. Noch ist nicht abzusehen, welches Ende der Aufstand nehmen wird, was die Opposition laut dem beim Nationalen Übergangsrat für die Finanzen zuständige Ali Tarhouni nicht von der Absicht abhält, das von ihr kontrollierte und derzeit in Depots im Südosten Libyens lagernde Öl zu vermarkten. Für dieses Öl soll die Opposition nach eigenem Bekunden vom Golfemirat Katar Geld für den Kauf von Waffen erhalten. Das Geld aus den Ölverkäufen soll auf einem Konto hinterlegt werden, das die Opposition für den Kauf von Waffen, Lebensmitteln, Medizin, Treibstoff und anderen Dingen nutze, sagte Tarhuni 4.
 
Vorausplanung    
Tatsächlich aber, führt Von Knut Mellenthin 5 aus, kennen die westlichen Regierungen zumindest die Führer der libyschen Revolution ganz genau, halten schon seit einigen Jahren Kontakt zu ihnen, und haben Grund, sich auf sie zu verlassen. Ob unter dem Fussvolk dieses Aufstands muslimische Fundamentalisten und vielleicht sogar Veteranen der Kriege in Afghanistan und im Irak sind, ist demgegenüber eine untergeordnete Frage. Denn erstens stellen diese Kräfte, käme ihnen nicht die massive Luftunterstützung der NATO zugute, keinen ernsthaften militärischen Faktor dar; zweitens ist die gesamte Opposition des Landes, da ihre Strategie in erster Linie auf eine enge Kooperation mit dem Westen aufbaut, zwangsläufig auf diejenigen ihrer Führer angewiesen, die in Washington, Paris, London oder auch Berlin als vertrauenswürdig gelten. Die personelle Zusammensetzung des am 27. Februar gegründeten Nationalen Übergangsrats (TNC) und der am 23. März ins Leben gerufenen Übergangsregierung - die bisher nicht mehr als ein Torso mit Ministern für wenige zentrale Ressorts ist - entspricht dieser Ausgangslage. Schon die rasante Geschwindigkeit, mit der diese Gremien gebildet wurden, nachdem die Demonstrationswelle gerade erst am 17. Februar begonnen hatte, lässt eindeutig darauf schliessen, dass auf sehr soliden Vorarbeiten aufgebaut werden konnte. Wenn diese nicht eng mit dem Westen koordiniert gewesen wären, hätte dieser schwerlich derart kurzentschlossen und zielstrebig in den Bürgerkrieg eingegriffen.
 
»Premierminister der Übergangsregierung ist Mahmoud Dschibril, wobei die Schreibweise seines Namens erheblich variiert. Er hat 1980 und 1984 in Pittsburgh, Pennsylvania, akademische Grade in den Politischen Wissenschaften und in strategischer Planung erworben. Anschließend unterrichtete er lange an derselben Universität und war maßgeblich an amerikanisch beeinflußten Trainingsprogrammen für leitende Manager in Ägypten, Saudi-Arabien, Libyen, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait, Jordanien, Bahrain, Marokko und Tunesien beteiligt. Erst 2005, nach Einleitung der Normalisierung zwischen der Regierung in Tripolis und dem Westen, kehrte er wieder nach Libyen zurück und stieg sofort in wirtschaftspolitische Führungspositionen auf. Er verdankte das, wie viele andere Reformer, von denen etliche jetzt bei der Opposition engagiert sind, der Protektion von Saif Al-Islam, einem Sohn Ghaddafis. Dschibrils Aufmerksamkeit galt hauptsächlich der Reprivatisierung der Wirtschaft und der Öffnung der Erdöl- und Erdgasressourcen für westliche Konzerne. Dschibril galt bei US-Diplomaten, wie aus mehreren von Wikileaks  veröffentlichen Botschaftsdepeschen hervorgeht, als aufgeschlossener Gesprächspartner mit einem klaren Verständnis für die Bedürfnisse des Westens. Dem Übergangsrat gehörte  Dschibril jedoch von Anfang an nicht an, wohl mit Blick auf sein künftiges Regierungsamt. Er war aber zusammen mit Ali Al-Issawi damit beauftragt, die Auslandskontakte zu pflegen. Unter anderem sprachen die beiden am 10. März mit Präsident Nicolas Sarkozy, bevor Frankreich als erstes Land der Welt den TNC als einzige legitime Vertretung Libyens anerkannte. Al-Issawi war libyscher Wirtschaftsminister und Generaldirektor der für die Privatisierung zuständigen Zentralbehörde gewesen. Er verlor diese Posten, als er das seiner Ansicht nach zu langsame Tempo der Reformen kritisierte, und war zuletzt Botschafter in Indien. Ein guter Bekannter des Westens ist auch Ali Tarhouni, der das Amt des Finanzministers in der Übergangsregierung hat. Der Sechzigjährige hat den größten Teil seines Lebens in der USA verbracht. Er promovierte an der Michigan State Universität in Wirtschaft und Finanzwesen und arbeitete jahrelang an der University of Washington als Dozent. Erst im März dieses Jahres kehrte er nach Libyen zurück. Er ist mit einer amerikanischen Anwältin verheiratet, die im US-Justizministerium arbeitet. An der Spitze des Übergangsrats steht Mustafa Mohammed Abdul Dschalil. Nach einer langen Laufbahn im libyschen Gerichtswesen wurde er 2007 Justizminister und hatte dieses Amt bis zu seinem Rücktritt am 15. Februar 2011 inne. Wahrscheinlich hatte er mit den Revolutionären schon länger in enger Verbindung gestanden. In Berichten von US-Diplomaten, die mit ihm als Justizminister Ghadaffis zu tun hatten, wird er als offen und kooperativ beschrieben.«  
 
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hatte am 31. 3. erklärt, dass sie in Libyen seien, um die Bevölkerung zu schützen. Wie es mit diesem Schutz aussieht, machte der Apostolische Vikar von Tripolis, Bischof Giovanni Martellini, am 31. 3. gegenüber der vatikanischen Nachrichtenagentur Fides deutlich: »Die sogenannten humanitären Angriffe haben Dutzende ziviler Opfer in einigen Vierteln von Tripolis getötet.« Der chinesische Präsident Hu Jintao verurteilte am 31. 3. erneut die Angriffe auf Libyen. Bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Sarkozy in Peking erklärte er, »wenn die Militäroperation Unglück über unschuldige Menschen bringt und eine noch grössere humanitäre Krise auslöst, steht das im Gegensatz zum ursprünglichen Ziel der UNO-Resolution.« Hu forderte einen sofortigen Waffenstillstand und zeigte sich über eine mögliche Teilung Libyens besorgt.
 
Was die Vorausplanung betrifft so veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung  7
am 24. März unter dem Titel Zufall einen diesbezüglich durchaus aufschlussreichen Leserbrief von Manfredo Crivelli aus Baar:
 
Zu Nato will Flugverbot durchsetzen (F.A.Z. vom 19. März)
Ich lebe in Zürich und Grosseto, wo sich einer der drei wichtigsten Luftwaffenstützpunkte Italiens befindet. Ich war bereits daselbst, weil ein Freund dort arbeitet, und hatte sogar das Vergnügen, in einem Eurofighter Platz zu nehmen. Vor über einem Monat - noch bevor in Libyen der Konflikt ausbrach - war ich wieder einmal Flugzeuge anschauen, als plötzlich einige dänische F16 dort landeten. Ich habe auch ein Büro in der Nähe und sah diese Gastflugzeuge morgens und auch nachmittags zu Trainingsflügen starten. Ein anderer Freund sagte mir, dass er von einem Angestellten des Flughafens gehört habe, dass die Dänen hier für Libyen übten. Ich verstand das damals nicht. Nun stehen genau diese dänischen Jets in Sigonella, um an der Allianz gegen Gaddafi teilzunehmen. Ich kann nicht an Zufall glauben.   
 
Inzwischen hat die Afrikanische ­Union (AU) beim UN-Sicherheitsrat dringende Massnahmen gegen Frankreich beantragt 8, darunter ein Start- und Landeverbot für französische Flugzeuge. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy müsse aufgehalten werden, »bevor er seine Kolonialmachtsphantasien umsetzen kann«, erklärte der AU Vorsitzende Teodoro Obiang am Rande einer Tagung der Staatengemeinschaft in der äthiopischen Hauptstadt. 
 
 
1 Quelle: Bundesverband Arbeiterfotografie arbeiterfotografie@t-online.de
http://www.arbeiterfotografie.com/nordafrika/2011-03-21-libyen-appell.pdf
2 F.A.Z. Nr. 77 vom 1. 4. 2011 Geheimoperationen in Libyen von Obama erlaubt
3 http://www.jungewelt.de/2011/04-01/043.php  Kriegslügen widerlegt - Von Arnold Schölzel
4 http://bazonline.ch/ausland/die-arabische-revolution/Nato-flog-74-Einsaetze-in-24-Stunden/story/31370617?dossier_id=852  1. 4. 11
5 http://www.jungewelt.de/2011/04-01/024.php
Offen und kooperativ - Die »Revolutionäre«, denen der Westen vertraut: Zu den führenden Protagonisten im libyschen Bengasi gab es schon vor dem Aufstand gute Beziehungen
Von Knut Mellenthin
6 http://www.jungewelt.de/2011/04-01/043.php  Kriegslügen widerlegt - Von Arnold Schölzel
7 F.A.Z. Nr. 70 vom 24. 3. 2011, Seite 34
8 http://www.jungewelt.de/2011/04-01/045.php AU: Maßnahmen gegen »Kolonialmacht« Paris