Wie der Steuerzahler einmal mehr leer ausgeht und anderes

d.a. Dass der Bürger inzwischen dazu auserkoren ist, für Spekulationsverluste zu haften, dürfte sich bis in den kleinsten Winkel

menschlicher Behausungen herumgesprochen haben. Auch dass der Buchwert fauler deutscher Wertpapiere Schätzungen zufolge die nicht nachvollziehbare Summe von 830 Milliarden € beträgt, lässt sich nicht verheimlichen. Wie hier die Abwicklung u.a. erfolgt, ist dem nachfolgenden Bericht der Badischen Zeitung vom 10. November zu entnehmen.
 
Commerzbank verdient wieder - Steuerzahler gehen leer aus
»Man kann sich nur wundern, welche Sonderheiten die Finanzkrise hervorgebracht hat. Mehr als 1 Milliarde Gewinn wird die Commerzbank dieses Jahr erwirtschaften; die Bank steht wieder auf festen Beinen. Das sollte auch die Aktionäre freuen. Dazu gehören seit zwei Jahren der Bund und damit die Steuerzahler. Letztere mit einer stillen Einlage von 16 Milliarden Euro, auf die jedes Jahr eigentlich 9 % Zinsen fällig sind, und mit weiteren Aktien im Nennwert von 2 Milliarden Euro, auf die eigentlich ein Anteil des Gewinns als Dividende ausgeschüttet werden sollte. So wie für die anderen Aktionäre der Bank. Doch Steuerzahler und private Anteilseigner werden keinen Cent sehen. Entscheidend dafür ist die Bilanz nach deutschem Recht. Und die wird für 2010 ein Minus ausweisen, weil die Commerzbank den Buchwert ihrer Tochter Eurohypo um 1 Milliarde € abschreiben muss. Es ist ein Ärgernis. 9 % Zinsen wären 1,5 Milliarden € für den Steuerzahler. Noch unverständlicher bleibt, dass die Bank diese Zinsen nicht einmal rückwirkend zahlen muss. Die Pflicht verfällt. Das sollte ein Kreditnehmer einmal seiner Sparkasse oder seinem Commerzbanker erzählen: Sorry, ich bin gerade klamm und kann deshalb meine Zinsen nicht zahlen. Und der Banker nickt und sagt: Ist schon ok, du brauchst auch nicht nachzuzahlen. Man kann sich nur wundern, welche Sonderheiten die Finanzkrise hervorgebracht hat. Der Commerzbank-Chef strahlt. Der Steuerzahler, dem die Bank ihr Überleben verdankt, schaut in die Röhre.« 
 
In Europa kommen Umschuldungen ins Gespräch
Der permanente Mechanismus für Krisen von Staatsfinanzen, den Deutschland und Frankreich beim letzten EU-Gipfel aufgebracht haben, sieht auch die Möglichkeit einer Umstrukturierung der Schulden vor; dies ist zum Streitpunkt mit supranationalen EU-Institutionen geworden. Bei der Pressekonferenz der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am 4. November machte EZB-Chef Jean-Claude Trichet deutlich, dass sich die EZB und die EU-Bürokratie mit Händen und Füssen gegen diese Idee wehren werden. Es habe beim letzten Treffen des EU-Rats einen ziemlich schweren Schlagabtausch zwischen der EZB und den Regierungschefs gegeben. Trichet warnte erneut, ein Umschuldungsplan würde einen Ausverkauf von Staatsanleihen von Randländern der Eurozone auslösen. Tatsache ist, dass es innerhalb das Systems keine Lösung gibt, denn sobald die Möglichkeit der Umschuldung eingeführt wird - d.h. man führt keine Rettungsaktion für die Gläubiger durch, sondern schreibt einen Teil der Schulden ab - kann man dabei nicht stehen bleiben. Man braucht eine ordentliche Konkurssanierung mit einem Trennbankensystem, sonst enden die Konflikte im Chaos. Tatsächlich löste schon das Gerücht möglicher Umschuldungen eine Verkaufswelle von Staatsanleihen aus, und die Zinsen für irische, spanische, portugiesische und griechische Anleihen stiegen Ende Oktober auf Krisenniveau. Banken und Fonds stossen Staatsanleihen ab, weil sie fürchten, sich in Zukunft nicht mehr auf Rettungspakete verlassen zu können. Trichet erklärte, man solle nicht die deutsche Methode anwenden, sondern das IWF-Prinzip, d.h. die Regel des IWF, dass Schulden grundsätzlich in voller Höhe bezahlt werden und nur in Ausnahmefällen eine Umstrukturierung erlaubt wird. Am nächsten Tag zeigte sich der Druck der EZB gegen Frankreich und Deutschland, als sich die Regierungen in Polen und Italien von der Idee der Umschuldung distanzierten. Der polnische Regierungschef Donald Tusk und Italiens Aussenminister Franco Frattini betonten, dazu müssten die EU-Verträge geändert werden, und dies lehnten sie ab. »Es würde eine Büchse der Pandora öffnen«, so Frattini. Doch die deutsche Regierung beeindruckt das offenbar wenig, denn Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte am 5.11., »er sei sich durchaus bewusst, dass Trichet dagegen sei«, aber
»ich bin überzeugt, wir kommen um einen Krisenbewältigungsmechanismus nicht herum.« 1
 
Entscheidung der Fed für Hyperinflation bedeutet Chaos für die Weltwirtschaft
Als die Federal Reserve die neue Phase der Schuldenrefinanzierung ankündigte, war die Reaktion in den Hauptstädten der Welt ein Schock, weil man erkannte, dass es sich nicht einfach nur um das sogenannte QE2 - Quantitative Easing -  sondern um die WH2 -die Weimarer Hyperinflation 2 handelte. Am 3. 11. kündigte der Offenmarktausschuss der Fed an, dass sie bis Juni 2011 weitere 600 Mrd. $ an Staatsanleihen mit langer Laufzeit aufkaufen wird. Für den gleichen Zeitraum rechnet man mit weiteren 250 - 300 Mrd.$ an Fed-Käufen mit Geldern aus ihrem Hypotheken-Portfolio. Also wird die Fed bis nächsten Juni Wertpapiere für 850 - 900 Milliarden Dollar aufkaufen - 110 Mrd.$ pro Monat. Die unmittelbare Auswirkung auf das Weltfinanzsystem war ein Quantensprung an Chaos, noch über die von der Federal Reserve angekündigten nackten Zahlen hinaus. Unmengen an Liquidität fliessen bekanntlich in die Rohstoff-Spekulation - wodurch die Rohstoffpreise ein neues  Rekordhoch erreichen - ebenso in die Länder mit Carry Tradewie z. B. Brasilien, was zu gefährlichen Ungleichgewichten bei Währungen und Finanzen führt. Regierungsvertreter vieler Länder - darunter Deutsche, Chinesen, Brasilianer, Inder, Südkoreaner - haben lautstark protestiert. Mehrere Länder drohen mit Kapitalkontrollen oder ähnlichen Massnahmen, um ihre Volkswirtschaften vor dem tödlichen hyperinflationären Tsunami zu schützen - eine zwecklose, wenn auch verständliche Geste angesichts der Auflösung des gesamten transatlantischen Finanzsystems, vor der wir gewarnt hatten. In einer ziemlich starken, undiplomatischen Sprache bezeichnete der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble die Entscheidung der Fed als kontraproduktiv. In einem Fernsehinterview am 4.11., abends zur besten Sendezeit, sagte er: »Und deswegen wäre es im amerikanischen Interesse besser, sie würden die Probleme wirklich lösen, anstatt gewissermassen mit Mitteln, von denen sie ja inzwischen schon die Erfahrung gemacht haben, dass sie zur Lösung ihrer Probleme heute nicht mehr taugen.« 1
 
 
1  Quelle: Strategic Alert, Jahrg. 24, Nr. 45 vom 10. November 2010