Waffeninitiative - Schutz vor Waffengewalt oder Entwaffnung der Schweizer - Von Toni Bortoluzzi

Der Volksinitiative mit dem verlockenden Titel «Schutz vor Waffengewalt» ist mit einem gewissen Verständnis zu begegnen,

weil sie mindestens vorgibt, vor Waffengewalt schützen zu wollen. Wer möchte denn nicht der Gewalt generell und Gewalt mit der Schusswaffe im besonderen erfolgreich begegnen? Ich möchte darum in meinen Ausführungen die Beurteilung vorwegnehmen, ob sich die vorgeschlagene Initiative dazu eignet, das angestrebte Ziel wirklich zu erreichen, nämlich den Schutz vor Waffengewalt zu verbessern. Man muss natürlich eingestehen und bedauern, dass es leider immer wieder Übergriffe gibt. Suizid, Familiendramen und weitere Verbrechen, bei denen Schusswaffen eingesetzt werden. Die Frage ist zu beantworten, ob mit einer Annahme dieser Initiative diese Übergriffe beseitigtoder mindestens eingeschränkt werden. Ich gebe klar zur Antwort: Nein. An diesem Problem wird sich durch diese Initiative nichts ändern. Es ist eine Illusion zu glauben, man könnte mit einer eingeschränkten Verfügbarkeit von Schusswaffen den Schutz vor Gewalt verbessern. Das will die Initiative: die Initianten wollen glauben machen, dass sie den Schutz vor Gewalt - vor allem vor der Gewalt mit Schusswaffen - verbessern. Das Mittel ist nicht die Ursache eines Übergriffs. Um eine Verbesserung des angesprochenen Problems zu erreichen, müsste man sich über die Ursachen klar werden. Das ist natürlich wesentlich schwieriger, als eine Initiative zu lancieren, wie sie nun hier vorliegt. Aus dieser Sicht muss man den Initianten vorwerfen, sie seien etwas gar naiv, wenn sie glauben, man müsste einfach den Leuten alle Gewehre wegnehmen oder den Waffenbesitz mit bürokratischen Methoden belasten, um den Besitz von Waffen zu verhindern oder mindestens nur noch Besitzer von registrierten Waffen im Land zu haben. Damit, so geben die Initianten vor, wäre eine Abnahme der Waffengewalt sicher.
 
Die Ursachen
Ursachen für gewalttätige Übergriffe wird es immer geben, so lange es Menschen gibt.  Die Mittel dafür haben sich geändert und allenfalls - das muss man festhalten - hat sich auch die Menge der Übergriffe gehäuft. Das aber hat mit den Mitteln nichts zu tun, sondern mit der Ursache. Die Ursache ist letztlich immer die gleiche: Macht, gegebenenfalls Unterdrückung, im Einzelfall unerfüllbarer Erwartungsdruck. Ob in kleinem oder in grösserem Kreis, zu welcher Zeit auch immer, Konflikte haben Menschen immer wieder mit Waffen ausgetragen. Immer hat es Übergriffe gegeben, die Hemmschwelle dazu mag sich verändern, nicht aber die Ursachen. Handlungen, die mit einer Schusswaffe geschehen, geschehen nicht im Affekt. Das bestreite ich ganz klar. Es handelt sich um vorbereitete Handlungen, die nicht in wenigen Augenblicken entstehen. Jeder, der sich mit Waffen auskennt, weiss, dass man eine Waffe nicht in wenigen Sekunden in Einsatz bringen kann. Wenn es Probleme mit Schusswaffen gibt, dann ist es vielfach der unsachgemässe Umgang, der zu Unfällen führt.
 
Respekt und Verantwortung
Damit komme ich zu einem zweiten Punkt: Waffenbesitz heisst in erster Linie Verantwortung. Wenn man eine Waffe besitzt, sei es für den Sport, sei es für die Jagd, als Sammler oder als Soldat, setzt das die Kenntnis der Waffe voraus und das Wissen, wie man damit umgeht. Die Heimabgabe für Armeeangehörige ist an die entsprechende Ausbildung gekoppelt. Das schafft Sicherheit im Umgang. Der Waffe ist mit entsprechendem Respekt zu begegnen; das ist Teil der Ausbildung für den Waffenbesitz. In der vergangenen Revision des Militärgesetzes wurde auf diesen Umstand besonders hingewiesen. Den Verantwortlichen in der Armee wird das Einsichtsrecht in das Vorstrafenregister der Auszubildenden gegeben. Was für Jäger schon immer Gültigkeit hatte, ein tadelloser Leumund, sollte auch überall sonst Voraussetzung sein. Mangelnde Eignung darf den Waffenbesitz nicht begleiten, das ist selbstverständlich. Im Falle einer ungenügenden Eignung, sei es charakterlich oder wie auch immer, ist der Besitz einer Waffe nicht zuzulassen; das gehört zu einer Waffengesetzgebung, die wir ja in den letzten Jahren und Monaten intensiv bearbeitet und verbessert haben. Die Initiative hat gravierende Nebenwirkungen. Ich nenne das so, weil das im Titel nicht erkennbar ist. Für einige der Initianten - es gehören prominente linke Politiker dazu - geht es einzig und alleine darum, ihrem Ziel der Armeeabschaffung einen weiteren Schritt näher zu kommen. Das ist ihre Motivation; das ist zu akzeptieren, weil es ihr demokratisches Recht ist. Aber man muss es auch klar und deutlich sagen: Es geht um die Entmündigung des Milizsoldaten und die damit verbundene Schwächung des Wehrwillens - das akzeptieren wir von der SVP nicht. Der Schutz vor Waffen wird nicht verbessert, aber die mit den Waffen verbundene freiheitliche Geisteshaltung wird damit eingeschränkt und tangiert; das dürfte einen ganz wesentlichen Teil der Motivation für diese Initiative darstellen und das Ziel einiger Initianten sein.
 
Schwächung des Wehrwillens
Das Feldschiessen als grosser traditioneller Anlass dürfte mit dieser Initiative der Vergangenheit angehören. Das durch die Milizarmee geprägte und weit verbreitete sportlich ausgerichtete Schiesswesen, welches von Jung und Alt in unserem Land gepflegt wird, kann in der heutigen Form nicht weitergeführt werden. Der Waffenbesitz des Schweizer Soldaten ist Ausdruck des Willens den Schutz unserer Bevölkerung und der wichtigen Güter sicherzustellen. In diesem Zusammenhang muss man sich auch mit dem Einsatz der Waffe auseinandersetzen - das ist nicht unbedingt angenehm. Der Schutz vor Waffen wird nicht verbessert, aber die mit den Waffen verbundene freiheitliche Geisteshaltung wird damit eingeschränkt und tangiert. Die Initiative demonstriert meines Erachtens aus dieser Sicht Oberflächlichkeit, weil sie der Konfrontation mit der Realität ausweicht. Mit der Entwaffnung des Milizsoldaten verhindert man keine Kriege und keine Missbräuche. Die Initiative ist auch ein Aufruf, die Augen vor der Tatsache zu verschliessen, dass Waffen immer verfügbar sind. Sie wären dann, nach Annahme dieser Initiative, vor allem für jene verfügbar, die sie sich in der Absicht beschaffen, sie missbräuchlich einzusetzen. Die Initiative erreicht das Ziel ihres Titels nicht, schafft Scheinsicherheit und entmündigt den Waffen tragenden Milizsoldaten. Verantwortungsbewusste Stimmbürger werden dieser Initiative eine Absage erteilen.
 
Anmerkung d.a.
Was nun den Besitz von Waffen betrifft, so ist es so gut wie sicher, dass die Mafia, die vor allem auch aus den Ostgebieten zu uns dringt, durch ein Verbot in keiner Weise tangiert sein würde. Die National Rifle Association, die NRA, ist ihrerseits dafür bekannt, dass sie das Recht des US-Bürgers auf Waffenbesitz verteidigen wird. So wurde anlässlich der UNO-Konferenz zu Kleinwaffen, die Ende Juni 2005 in New York stattfand, massenweise in schriftlicher Form Einspruch erhoben. Mehr als 100 000 US-Bürger bestanden mittels eines Formblatts, das die NRA entworfen hatte, auf ihrem verfassungsmässigen Recht, Waffen tragen zu dürfen. Kofi Annan beeilte sich den auch, zu erklären, »dass es vor allem darum gehe, den weltweiten Handel mit illegalen Waffen in den Griff zu bekommen…… Wir sind nicht darauf aus, den Amerikanern die Schusswaffen wegzunehmen.« Desgleichen ist zu erwarten, dass die Rüstungsindustrie dafür sorgen würde, dass im Verbotsfall - von Europa einmal abgesehen - keine Einschränkungen für sie existierten. Der Markt für Kleinwaffen spielt sich natürlich auch in anderen Regionen ab, so etwa in Afrika. Die unter afrikanischen Führern vielfach herrschende Korruption sowie latente ethnische Spannungen spielen, was schlechtes Regieren und die Uneinigkeit der afrikanischen Völker betrifft, eine beträchtliche Rolle: Gäbe es also keine Rebellen oder Stammesfehden mehr, dann gäbe es auch keinen Markt mehr für Kleinwaffen. Auf der damaligen Kleinwaffen-Konferenz ging es den Worten von Kofi Annan zufolge auch »um das Ziel, sicherzustellen, dass Waffen nicht in die falschen Hände geraten und für Bürgerkriege überall auf der Welt missbraucht werden.« Letzteres Trauerspiel setzt sich doch unangefochten fort!
 
»Es sei nur legitim, dass die UNO als internationale Organisation souveräner Staaten sich um das Wohlergehen und den Schutz der Menschen kümmere und etwas gegen illegale Kleinwaffen unternehme«, so Annan ferner. Leider pflege ich mich bei derartigen statements - wie bei vielem anderen, was uns von den Politikern so erklärt wird - als grundlegend verdummt zu betrachten, sind es doch gerade die zitierten souveränden Staaten, die sich darin auszeichnen, ihre Rüstungsverkäufe ungehemmt zu steigern. Insofern kann sich jeder ausrechnen, wie erfolgreich die UNO diesbezüglich agieren kann! So hat die UNO in den zurückliegenden Jahren weder Krisen noch Kriege zu verhindern gewusst. Auf diese Tatsache muss leider immer wieder hingewiesen werden, da dieser Institution von allzu vielen noch immer die Funktion des Friedensbringers zugebilligt wird, die ich nirgendwo erkennen kann, allenfalls nach dem Krieg und auf den Geberkonferenzen, wenn es darum geht, unsere Steuergelder für die jeweils entstandenen Zerstörungen einzusammeln.
 
Der an der Université Marseille III lehrende Professor Pascal Bernardin, der es es sich angelegen sein liess, die UNO-Schriften wie Our Global Neighborhood und Beyond Interdepence gründlich zu analysieren 1, verweist auf eine Schrift des Council on Foreign Relations, die sich mit Projekten für die 80er Jahre befasst und schon damals den Punkt der Entwaffnung anscheidet. Bernardin zitiert ferner den Club of Rome mit der Aussage, dass es die globalen Reformen erforderlich machten, die Kontrolle über die Bewaffnung zu erzielen: diese müsste der UNO übertragen werden. Ralph Epperson schreibt in seinem Buch The Unseen Hand: Der Nationale Kirchenrat der USA, der Federal Council of Churches, FCC, der zwischen 1926 und 1929 von John D. Rockefeller über 137.000 $ erhalten hatte, sprach sich u.a. bereits 1942 für eine Weltregierung und die internationale Kontrolle aller Armeen aus. Desgleichen für ein universales Finanzsystem und eine demokratisch kontrollierte internationale Bank  Dadurch war er ziemlich unter Druck geraten, so dass sein Name geändert wurde: Am 29. 11. 1950 wurde aus dem FCC der Nationale Rat der Kirchen Christi, der National Council of the Churches of Christ, NCC. Die Ziele. so Epperson, bleiben dieselben. Nun ist ein universales Finanzsystem längst im Gespräch; was die demokratische Kontrolle einer internationalen Bank angeht, so dürfte niemand, der verfolgt, wie allein der IWF vorgeht, an Derartiges glauben.
 
Es sollte ersichtlich sein, dass die Entwaffnung des Bürgers den Boden für alle weiteren geplanten Schritte bereitet.
 
 
Quelle: «Zürcher Bote», Ausgabe Nr. 25 vom 25. Juni 2010
Toni Bortoluzzi ist Nationalrat der SVP in Affoltern a. Albis
1 Pascal Bernardin - L’Empire écologique ou la subversion de l’écologie par le mondialisme; Das ökologische Imperium oder die Gefährdung der Ökologie durch die Globalisierung. ISBN-Nr. 2-9509570-1-3; Editions Notre-Dame des Grâces. 1998