Thailand - Auch dort die Spur der Stiftungen

In den vergangenen Jahrzehnten sah Thailand viele Regierungen kommen und gehen und demokratische Bewegungen wurden oft vom Militär niedergeschlagen.

Dieses bildet einen eigenen Staat im Staat - und bestimmt letztlich darüber, wer wirklich die Macht in Thailand hat. Inzwischen gingen die thailändischen Streitkräfte gegen die verschanzten Regierungsgegner vor und durchbrachen die meterhohe Barrikaden aus Bambus und Reifen, die von den Demonstranten in Brand gesteckt worden waren. Als alles andere als sinnvoll sind allerdings die von letzteren angerichteten Verwüstungen - es wurden gegen 20 Gebäude in Brand gesetzt, darunter die Börse und Banken sowie Einkaufszentren, in denen sich rund 100 Menschen eingeschlossen fanden - anzusehen. German Foreign Policy [1] bezeichnet die Regierenden Thailands als eine von langjährigen Partnern der Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP) geführte Regierung. Während die Demonstranten Neuwahlen fordern, fürchten die alten Eliten des Landes aus Militär, Grossindustrie und Königshaus ihre Herrschaft zugunsten der erstarkenden Demokratiebewegung einschränken zu müssen. Vor allem die regierende Democrat Party von Premierminister Abhisit Vejjajiva, die für mindestens 36 Tote bei den Protesten allein seit dem 14. Mai verantwortlich ist, kooperiert  schon seit Jahren mit der Friedrich-Naumann-Stiftung. Die Stiftung hatte für einen Putsch der traditionellen Eliten im Jahr 2006 und für das anschliessende heftig kritisierte Verbot einer höchst populären Partei Verständnis gezeigt, da die Entmachtung der Partei auf demokratischem Wege unmöglichsei. Im April waren unter anderem durch Scharfschützen 25 Menschen umgebracht worden. Am 17. 5. erlag ein Anführer der Protestdemonstranten seinen Verletzungen, die er am 13. 5.  erlitten hatte. Während er einem Berichterstatter der New York Times ein Interview gab, schoss ihm ein Scharfschütze in den Kopf.
 
Bis zum Putsch im Jahr 2006 hatte der damalige Premierminister Thaksin Shinawatra zum Teil gegen die Interessen der alten Eliten regiert; weil er Wünschen grosser verarmter Bevölkerungsteile nachkam, konnte er Wahlen stets gewinnen. Es ist jedoch dem Militär und der von diesem eingesetzten Democrat Party bis heute nicht gelungen, den Ruf nach Demokratisierung, der seit dem Sturz Thaksins immer stärker geworden ist, niederzuschlagen. Die Hauptforderungen der Rothemden-Proteste bestehen in einem Rücktritt der im Dezember 2008 vor allem auf Druck des Militärs installierten Regierung Abhisit und sofortige Neuwahlen. In den Auseinandersetzungen zwischen den traditionellen Eliten Thailands und der erstarkenden Demokratiebewegung positioniert sich die Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP) bereits seit Jahren auf Seiten des Establishments und der Putschisten. Dies lässt sich unter anderem Stellungnahmen der Stiftung zum Militärputsch vom September 2006 entnehmen, mit dem die Eliten ihre Macht zu sichern suchten. Sofort nach dem Putsch gegen Thaksin erklärte eine Mitarbeiterin der Naumann-Stiftung aus Thailand, sie fühle sich von den durch Bangkok streifenden Soldaten nicht bedroht: ihrer Haltung nach seien sie eher da, um Präsenz zu zeigen, als um tatsächlich gegen jemanden zu kämpfen.  Wenn das ein Staatsstreich sein solle, sei es ein entspannter und gemütlicher Putsch. Fernsehsender zeigten sogar Menschen, die den Soldaten Blumen brächten. Kann diese positive Einstellung der Bevölkerung als eine Legitimation des Militärputschs gesehen werden?, fragte die Mitarbeiterin: Als Politologin müsse sie sagen, dass ein Militärputsch undemokratisch ist; allerdings sei das Land unter dem nun entmachteten Präsidenten Thaksin - er hatte die letzten Wahlen mit klarer Mehrheit gewonnen - auch nicht demokratischer als jetzt gewesen.
 
Ähnlich verständnisvoll warb die Naumann-Stiftung Ende 2008 für erfolgreiche Bemühungen der alten Eliten, um die zwischenzeitlich erneut per Wahl an die Regierung gelangten Thaksin-Anhänger ein weiteres Mal zu entmachten. Die Politik Thaksins sowie seiner Anhänger habe das Los der armen Bevölkerung in der Tat  verbessert, schrieb die Stiftung. Da die Thaksin-Partei deshalb auf grosse Popularität bei der Mehrheit der Bevölkerung stosse, sei sie auf demokratischem Wege nicht von der Macht abzulösen gewesen. Dies hätten die traditionellen Eliten erkannt und das Land im Jahr 2008 mittels Besetzung von Parlament und Flughäfen unregierbar gemacht. Mit Hilfe der Justiz, die die Partei der Thaksin-Anhänger schliesslich verboten habe, sei es dann gelungen, das alte Establishment wieder an die Regierung zu bringen, berichtete die Naumann-Stiftung kurz nach der Amtsübernahme von Premierminister Abhisit Vejjajiva im Dezember 2008. Abhisits Partei, die mit Hilfe des Militärs an die Regierung gelangte Democrat Party, sei ein langjähriger Partner der Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit.
 
Partners and Friends
Nach Abhisits Amtsantritt setzte die Friedrich-Naumann-Stiftung ihre Unterstützung für die nun regierende Democrat Party fort - mit dem erkennbaren Ziel, deren Position zu sichern. So berieten Mitarbeiter der Stiftung und ihrer Mutterpartei FDP Aktivisten der Democrat Party darin, wie die Bevölkerung in Parteiaktivitäten eingebunden und auf welche Weise politische Strategien und Strategien für politische Jugendorganisationen erfolgreich umgesetzt werden könnten. Ende 2009 evaluierten Mitarbeiter der Naumann-Stiftung sowie hochrangige Mitglieder der Democrat Party, darunter Aussenminister Kasit Piromya, die bisherige Kooperation und tauschten sich über die weitere Zusammenarbeit aus. Bei dem Treffen (Annual Meeting with Partners and Friends) war auch der deutsche Botschafter in Bangkok präsent. Ende März 2010 hielt sich der Vorsitzende der Naumann-Stiftung, Wolfgang Gerhardt, zu Gesprächen mit führenden Politikern der Democrat Party in Bangkok auf. Damals hatten die Demonstrationen bereits begonnen. Noch am 7. April, nur wenige Tage, bevor Abhisits Regierung Scharfschützen auf friedliche Demonstranten schiessen liess, musste eine Delegation der Friedrich-Naumann-Stiftung ein Treffen im Parlament Thailands unerwartet abbrechen - Protestdemonstranten waren in das Gebäude eingedrungen.
 
Ein notwendiges Übel
Letztlich zuständig für die Steuerung der Stiftungstätigkeit in Thailand ist der Leiter des Bereichs Internationale Politik, der in der Zentrale der Friedrich-Naumann-Stiftung in Potsdam angesiedelt ist. Diesen Bereich leitete von 2007 bis 2009 Harald Klein. Klein reiste nur wenige Wochen nach seiner Amtsübernahme im Jahr 2007 nach Thailand, um sich dort über die Stiftungstätigkeiten zu informieren. Er sprach unter anderem mit Abhisit, der damals noch nicht Premierminister, aber bereits Vorsitzender der Democrat Party war, und liess sich die Projektarbeit in Thailand vorstellen. Ein Foto, das die Naumann-Stiftung im Internet verbreitet, zeigt eine Mitarbeiterin, die Klein über das Thailand Project informiert. Auf einer Stellwand, auf der das Projekt erläutert wird, ist die Behauptung zu lesen, ein Staatsstreich sei - angeblich auf dem Weg zu einem Demokratisierungsprozess - ein notwendiges Übel [a necessary evil]. Harald Klein arbeitet seit Jahresbeginn als Abteilungsleiter im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unter Minister Dirk Niebel (FDP). Dort ist er für Asien/Lateinamerika und für Grundsatzfragen zuständig.
 
Was Thaksin betrifft, so hatte dieser Beobachtern zufolge die Interessen der traditionellen Machtzirkel, die in Thailand Netzwerk Monarchie genannt werden, nicht genügend berücksichtigt 2. Gestürzt wurde er dann, wie bereits erwähnt, per Putsch im September 2006. Verwickelte Einflusskämpfe folgten; im Grundsatz dauern sie bis heute an. Diejenigen Kräfte, die den Putsch von 2006 steuerten, hätten im Dezember 2008 Abhisit und die Democrat Party inthronisiert, erklärt der Thailand-Experte Mark Teufel im Gespräch mit der Redaktion von GFP. Aus Protest gegen den Coup habe sich inzwischen eine kraftvolle Demokratiebewegung entwickelt, deren Anhänger wegen ihrer Kleidung in der westlichen Öffentlichkeit Rothemden genannt werden; sie ist in wachsendem Mass auch in den städtischen Unterschichten verankert und fordert sofortige freie und faire Wahlen. Die Democrat Party, die ihren eigenen Angaben zufolge mit der FDP kooperiert, vertritt vor allem das traditionelle Establishment Bangkoks. Die grösste Tageszeitung des Landes stelle Ministerpräsident Abhisit permanent als Marionette des Kronratspräsidenten Prem dar, so der Thailand-Experte. Prem, ein heute 90 Jahre alter General, werde von den meisten unabhängigen Beobachtern als Gehirn des Coups von 2006 angesehen. Die Democrat Party, urteilt Teufel, kämpft gegen eine Veränderung des Status Quo; sie setzt sich dafür ein, dass der Monarchie und dem Militär eine umfassende direkte und indirekte Macht zugewiesen wird.
 
Ihre ersten Regierungsvorhaben zielten laut Teufel darauf ab, die Massnahmen gegen Majestätsbeleidigung zu verschärfen. Kritik am König wird in Thailand drakonisch mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft. Das Ministerium, das für die Verfolgung von Majestätsbeleidigungen zuständig ist, verfüge inzwischen über 600 Mitarbeiter und wolle in diesem Jahr 20.000 freiwillige Mitarbeiter ausbilden, um die Medien - insbesondere das Internet - nach möglicherweise monarchiekritischen Inhalten zu durchsuchen, sagt Teufel.
 
Planungszentrum
Verschiedene deutsche Organisationen arbeiten mit Staat und Regierung Thailands oder mit der Democrat Party zusammen. So zählt die Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU) das Kabinettssekretariat zu ihren Kooperationspartnern. Das Kabinettssekretariat fungiert der Stiftung zufolge als zentrale Koordinierungseinheit der Regierung; die Zusammenarbeit mit der CDU-nahen Organisation soll es als Dienstleistungsorgan und Informationsbeschaffer sowie als Planungszentrum für das Kabinett stärken. Auch hat die Konrad-Adenauer-Stiftung unlängst eine Reise thailändischer Richter in die Bundesrepublik organisiert, wo sie unter anderem bei der Deutschen Richterakademie in Wustrau zu Besuch waren. Wie Mark Teufel berichtet, gehörte der Delegationsleiter, Ackaratorn Chularat, einst zu den Teilnehmern eines Treffens mit Generälen, das der näheren Vorbereitung des Militärcoups von 2006 gedient haben soll. Vor allem aber ist wie gesagt die Friedrich-Naumann-Stiftung in Bangkok aktiv. Sie kooperiert dort unter anderem mit dem Institute of Future Studies for Development, das der Democrat Party nahe steht; dabei geht es vor allem um Aktivitäten zur wirtschaftlichen Freiheit[was immer die Drahtzieher darunter verstehen mögen: Anm. politonline]  
 
1 http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57813   18. 5. 10
Ein entspannter und gemütlicher Putsch
2 http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57788   20. 4. 10
Freunde der Monarchie