Ackermann geht für die Griechen sammeln

d.a. Wie am 30. April berichtet, wollen sich Banken, Versicherer und Industriefirmen freiwillig mit einem Milliardenbetrag

an der Rettung Griechenlands beteiligen. Der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, soll für einen Beitrag zu dem Hilfspaket werben. Zuvor war bekanntgeworden, dass die Bundesregierung mit Banken über freiwillige Hilfen verhandelt; sie will die Institute für einen freiwilligen Beitrag gewinnen. Mehrere Bundestagsfraktionen haben die Beteiligung der Banken zur Bedingung für ihre Zustimmung zum Rettungspaket gemacht. Damit wollen sie verhindern, dass allein die Steuerzahler das Risiko tragen müssen. »Man wolle versuchen, die Banken mit ins Boot zu holen, um das Milliardenrisiko für die Steuerzahler besser rechtfertigen zu können«, heisst es. Man traut seinen Augen nicht; dieses Risiko, denke ich, ist durch nichts zu rechtfertigen.
 
»Doch die Hilfe scheint nicht ganz uneigennützig: Mit dem Signal nehmen sich die heftig kritisierten Institute etwas aus der Schußlinie, ohne daß es richtig wehtut. Außerdem könnte eine Pleite Griechenlands auch hierzulande Banken ins Wanken bringen, weshalb diesen ein Überleben der Hellenen am Herzen liegen dürfte.« Wie man weiter erfährt, soll der Notfallplan von EU und IWF jetzt konkrete Formen annehmen; danach ist es für die Euro-Finanzminister geplant, sich zu einem Krisentreffen in Brüssel einzufinden. Für die Griechen werden sich harte Einschnitte ergeben. Anstatt, wie in Athen am Donnerstagabend, 29. 4., geschehen, die Zeit für Krawalle einzusetzen, sollten die Griechen ihre Regierung vielmehr dazu zwingen, die erforderlichen Einsparungen bei einem Posten vorzunehmen, der, prozentual gesehen, weit über dem liegt, was im Schnitt in den OECD-Ländern angesetzt wird: Bei den Rüstungsausgaben. Während diese für Militärausgaben 1.7 % aufwenden, setzt Griechenland 4,3 % seines BIP dafür ein. Ein Vorschlag dieser Art, den der OECD-Experte Claude Giorno machte, dürfte allerdings der deutschen Rüstungsindustrie schon gar nicht gefallen, zählen doch gerade Griechenland und die Türkei zu den grössten Abnehmern deutscher Waffen. Wie es heisst, ist der hohe Militäretat auf den Konflikt mit der Türkei zurückzuführen. Im Prinzip kann man sagen, dass es von Experten aller Art nur so wimmelt: Man wünschte sich einmal einen, der es sich zum Ziel setzte, die Sinnlosigkeit gesteigerter Rüstungsproduktionen, sei es die der EU oder die der USA, zu verurteilen, um den dadurch verursachten fortgesetzten Zerstörungen Einhalt zu gebieten. 1
 
Klartext spricht die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 25. April: Die Lasten aus der Griechenland-Krise sollten nicht die Steuerzahler tragen, sondern die Gläubiger. Sie sind Schuld an laxer Kreditvergabe. Laut dem Kommentar von Gerald Braunberger ist Griechenland zahlungsunfähig und von einer Kombination aus Überschuldung und Wirtschaftsschwäche niedergestreckt. »Für die notwendige Entschuldung müssen die Gläubiger Griechenlands, sprich die Besitzer griechischer Staatswertpapiere, bluten. Zu diesen Gläubigern zählen Banken, Versicherungen, Fondsgesellschaften und Privatanleger nicht nur, aber überwiegend in Europa. Die Politik gibt sich nach außen der Illusion hin, sie könne die Gläubiger ungeschoren lassen und stattdessen die europäischen Steuerzahler zwingen, unabsehbare Mengen guten Geldes in ein griechisches Faß ohne Boden zu schütten. Das wäre verhängnisvoll. [Aber das wird sie schaffen! Alles deutet darauf hin.] Anmerk. d. Red.] Die Politik darf nicht als Büttel des Finanzkapitals erscheinen, sondern muß sich als Sachwalter der Interessen der Steuerzahler verstehen. Griechenland braucht nicht ausländisches Steuergeld, sondern eine internationale Schuldenkonferenz. …... Seit 1945 wurden mehrere hundert staatliche Umschuldungen abgewickelt. Das Wissen darum ist vorhanden. Doch in der Ablehnung einer Umschuldung Athens sehen sich Politik und Finanzkapital auf unglückselige Weise vereint. Die europäischen Staatenlenker fürchten um einen Ansehensverlust, wenn ein Mitglied der Währungsunion offiziell insolvent würde. Doch dieser Ansehensverlust ist längst eingetreten. Die glühendsten Anhänger des Transfers von Steuergeldern nach Athen finden sich an den Finanzmärkten - also unter jenen, die hoffen, daß sie so ungeschoren aus dem Debakel herauskommen. Die Verantwortung für die großzügige Kreditvergabe an Griechenland tragen jedoch die Gläubiger. Sie müssen daher nun auch die finanziellen Lasten tragen. Die Vorstellung, als Folge von Abschreibungen drohe der Zusammenbruch des Finanzsystems, ist abwegig. Dafür ist Griechenland zu klein. Sollten einzelne Banken in Not geraten, müßten sie abgewickelt oder vom Staat stabilisiert werden. Das käme den Steuerzahler günstiger als umfangreiche Transfers nach Griechenland. Die Gegner einer Umschuldung verweisen daneben auf die Gefahr eines Dominoeffekts, der weitere südeuropäische Länder umwerfen könne. Das ist theoretisch möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich. Denn die Finanzmärkte haben Griechenland bisher aus wohlerwogenen Gründen als einen Sonderfall betrachtet.« 2
 
 
1 t-online-ticker vom 30.04.2010 | cs mit dpa-AFX
2http://www.faz.net/s/Rub3ADB8A210E754E748F42960CC7349BDF/Doc~E3D23BF5731574C858073BFCE76FB80AA~ATpl~Ecommon~Sspezial.html   25. 4. 10 Hervorhebungen durch politonine
Siehe auch http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1491
Verfassungsklage gegen Griechen-Hilfe - Von Markus Zydra