Der Kommentar des Monats April 2010 von Evelyn Hecht-Galinski

Deportationen sind ethnische Säuberung! Happy Birthday Israel!

Pünktlich zum »62. Geburtstag« der Staatsgründung des Jüdischen Staates(Israel) stürzt die verlogene Mystifizierung wieder mit aller Medien- und politischen Gewalt auf uns ein. Unter Aussparung der Nakba, der größten Katastrophe für das palästinensische Volk, feiert sich der Jüdische Staat, der es bis heute aus gutem Grund versäumt hat, seine Staatsgrenzen festzulegen, da dies die ständig neue zionistische Landnahme und den Landraub palästinensischen Landes verhindern würde. Jedes Jahr wird die Geburtstagstorte Israel ein Stück weniger für die Palästinenser, und jedes Jahr wird eine Kerze mehr ausgelöscht für die Palästinenser, für die sich das Leben dadurch immer mehr verdunkelt. Vehement wird an einem Gesetz gearbeitet, das sogar das Gedenken der Palästinenser an die Nakba unter Strafe stellen will.

So erschien es als Hoffnungsschimmer, als Hamas und Fatah gemeinsam den Tag der Gefangenen begingen, um an die in etwa 10.000 gefangenen Palästinenser (genaue Zahlen werden verschwiegen) in israelischer Haft zu erinnern. Frauen, Kinder, Schwerstkranke und die palästinensische Intelligenz, u.a. Mitglied und Fatah-Anführer Marwan Barghouti, ungeachtet seiner Immunität als Legislativrat. Stelle man sich im Umkehrschluß die Inhaftierung eines israelischen Politikers wegen seiner Kriegsverbrechen zu fünfmal lebenslänglich vor.
 
Wie sagte Professor Francis Boyle, Professor für Völkerrecht an der Universität Illinois: »Was wir jetzt im Gazastreifen sehen, ist immer noch ein schleichender Völkermord an 1,5 Millionen Palästinensern, die im Gazastreifen leben.« Wenn man die Genozid-Konvention von 1948 liest, sagt diese klar, daß ein Genozid die absichtliche Auferlegung von Lebensbedingungen ist, die mit der physischen Zerstörung eines Volkes im Ganzen oder in Teilen rechnet. Und das ist genau das, was im Gazastreifen ausgeführt worden ist und zwar seit der Auferlegung der Blockade durch Israel; das wurde dann während der Operation Gegossenes Blei, dem Massaker von 1.400 Palästinensern, von denen zwei Drittel Zivilisten waren, weitergeführt. Bei dieser Operation sind auch andere Elemente der Genozid-Konvention beteiligt: Mord, Folter und Ähnliches. Um detaillierte Angaben und Fakten zu haben, empfehle ich den soeben in deutscher Übersetzung erschienenen Goldstone Report. Nebenbei wurde Richter Goldstone nicht nur als Jude und Zionist in Israel zur unerwünschten Person erklärt, sondern auch in seiner Heimat Südafrika auf Druck zionistischer Organisationen und der Synagoge seiner Familie gebeten, der Bar Mitzwah seines Enkels in Johannesburg nächsten Monat fernzubleiben. Es würde sonst zu Protesten vor der Shul (Synagoge) gegen Goldstone kommen. Der Rabbiner der Familie, Moshe Kurtstag, meinte, Goldstone hätte Israel und den Juden in der Welt einen schlechten Dienst erwiesen. Seinen Report würden Israel feindlich gesinnte Elemente benutzen, und er würde antisemitische Wellen aufkommen lassen. Der unabhängige Richter Goldstone versprach der Bar Mizwah (Einsegnung) fernzubleiben. Soviel zu jüdischer Familientradition und Nächstenliebe. Zu diesem Thema empfehle ich Israel Shahaks Jüdische Geschichte, Jüdische Religion, neu in der Semit-Edition erschienen.
 
Anläßlich seines USA Besuchs im März konnte Netanjahu den kühlen Empfang von Obama verschmerzen, konnte er doch vor 7.500 jubelnden AIPAC Verbandsmitgliedern und unter Absingen der amerikanischen und israelische Nationalhymnen und flatternden Nationalflaggen auf gewaltiger Videowand den Roll Call erleben, die Namensnennung aller anwesenden Senatoren, Abgeordneten, Regierungsmitglieder und Botschafter. So beflügelt konnte Netanjahu zu seiner Propagandarede ansetzen: Israel werde sich, wie von der katastrophalen geschichtlichen Erfahrung gelehrt, »immer das Recht vorbehalten, sich selbst zu verteidigen.« Denn die Zukunft des Jüdischen Staates dürfe nie »vom guten Willen anderer abhängen, auch nicht von dem der größten Staatsmänner.« (Israel besteht seit seiner Gründung nur aus Abhängigkeiten) Dies gipfelt dann in den Sätzen: Das jüdische Volk hat vor 3000 Jahren Jerusalem gebaut (eine glatte Unwahrheit und eine historisch falsche Behauptung!). Und das jüdische Volk baut heute Jerusalem. Jerusalem ist keine Siedlung. Jerusalem ist unsere Hauptstadt. Mit diesen Sätzen verletzt er die Vierte Genfer Konvention, berücksichtigt die Rechte der Palästinenser nicht und verhindert damit alle wirklichen Friedensverhandlungen mit der palästinensischen Seite. Im gleichen Sinne äußerten sich ja auch schon Kabinettsmitglieder, wie u.a. Ayalon und Lieberman. Man sieht also, Israel will alles, nur keinen Frieden!
 
In die gleiche Richtung weist der neue IDF Erlaß, der Massendeportationen von der Westbank nach Selektion ermöglicht und Zehntausende von Palästinenser automatisch zu kriminellen Tätern macht und sie unter die alleinige Jurisdiktion der israelischen Militärgerichte stellt. Zehn israelische Menschenrechtsgruppen haben gegen diesen Willkürakt protestiert. Angesichts der Tatsache, daß gerade wir als deutsche Bürger Deportationen noch in allzu unguter Erinnerung haben, wäre es die Pflicht unserer Regierung, gegen diese Tyrannei massiv Protest einzulegen! Es verstößt gegen unser Grundgesetz und gegen allen Anstand, Israel zur deutschen Staatsräson zu erklären. Dagegen müssen wir alle vehement protestieren. Hatte nicht der Terminator Frau Merkel wegen ihres Einsatzes für die Menschenrechte so gelobt? Bedauerlicherweise sieht Frau Merkel die Verletzung der Menschenrechte als Chefsache besonders im Iran, in Afghanistan, in China oder sonst wo, bloß nicht im Jüdischen Staat.
 
Letztendlich haben wird ja schon die Quittung bekommen: Wir, als Kritiker der Afghanistanpolitik fördern die Taliban, und als Kritiker der israelischen Politik fördern wir den Terror  und den Antisemitismus. Diese Außenpolitik unserer politischen Würdenträger ist eine Katastrophe und wird uns in ein Desaster führen. Israel ist das einzige Land auf der Erde, das sich ein Freiluftgefängnis für 1,5 Millionen eingesperrte Palästinenser hält und Deportationen in dieses abgeriegelte Gaza  plant. Außerdem hält sich Israel als einziger Staat der Welt zwei Mauern, nämlich die Klagemauer und die 8 m hohe Apartheid-Mauer, tief in geraubtes palästinensisches Land hinein gebaut. Diaspora-Juden werden aufgefordert, in den Jüdischen Staatzu kommen, überall zu siedeln, damit die Westbank, laut Israelischem Minister nicht judenrein wird. Auf wundersame Weise sind von 100 Millionen US-$ Spendengeldern von der Darfur-Hilfe nur 10 % auch bei dieser gelandet. Die restlichen 90 % sind auf Bankkonten Israels aufgetaucht und für die illegalen Siedlungen im Westjordanland verwendet worden (lt. Spezialreport von Thomas C. Mountain). Wird man aus diesem Grund - wenn man Kritik an der israelischen Politik übt - von den Interessenvertretern des Jüdischen Staates ständig auf Darfur hingewiesen? 
 
In der Tat: pünktlich zum 62. Geburtstag des Jüdischen Staates hat sich Obama auch wieder gemeldet, hat sich wieder als treuer Freund Israels geoutet und versprochen, daß die Beziehungen zwischen der USA und Israel in den kommenden Jahren noch enger werden. Noch enger? Obama sollte aufpassen, daß daraus nicht eines Tages eine tödliche Umarmung wird, aus der wir uns alle nicht mehr lösen können. Hillary Clinton meinte gar, die USA wolle Risiken und Lasten mit Israel teilen: »Unserer Nation wird nicht wanken, wenn es um den Schutz und die Förderung der Zukunft Israels geht.« Welch ein furchtbares Geburtstagsgeschenk und ein Freibrief für die Menschenrechtsverletzung und Unrechtspolitik gegenüber dem palästinensischen Volk. Wir Deutschen und Europäer sollten diesem Irrweg Einhalt gebieten. Wie sagte schon der langjährige Ministerpräsident Bayerns, Edmund Stoiber: Recht auf Heimat ist Menschenrecht. Oder sollte das nur für deutsche Heimatvertriebene gelten?
 
43 Jahre Besatzung des palästinensischen Westjordanlandes, des palästinensischen Gazastreifen und der syrischen Golan-Höhen sind genug! Frieden wäre sofort möglich, wenn sich Israel an die internationalen Resolutionen halten würde, die Besatzung beenden und sich hinter die Grenze von 1967 zurückziehen würde. Außerdem muß für das Rückkehrrecht der Diaspora-Palästinenser eine annehmbare Lösung gefunden werden.
 
Mein Geburtstagswunsch für Israel: Aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: §17, Abs.:2  Niemand darf willkürlich seines Eigentums beraubt werden.
 
Anmerkung d.a.: Sobald es ums Geschäft geht, fallen diese Tatbestände ganz offensichtlich nicht ins Gewicht. Wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Nr. 93 vom 22. April 10 zu entnehmen war, haben die Weingüter Georg Breuer aus Rüdesheim und Künstler aus Hochheim sowie die Hessischen Staatsweingüter Kloster Eberbach haben partnerschaftliche Beziehungen zu israelischen Erzeugern geknüpft. Das Projekt Twin-Wineries, für das sich seit der Messe Prowein 2008 israelische und deutsche Weingüter engagieren, sieht paarweise länderübergreifende Partnerschaften vor. Neu mit dabei sind die Staatsweingüter, die seit kurzem die Golan Heights Winery von den Golanhöhen zum Partner haben. Das Weingut Georg Breuer ist schon seit zwei Jahren mit dem Erzeuger Galil Mountain im oberen Galiläa verschwistert, das Weingut Künstler mit dem israelischen Weingut Recanatiim Unteren Galiläa. Es geht um einen Austausch bei Ausbildung und Weinbau sowie wechselseitige Besuche und Präsentationen der Partner-Weine.

 
Quelle: http://www.palaestina-portal.eu/Stimmen_deutsch/hecht-galinski_evelyn_deportation_ethnische_saeuberung_happybirthday_israel.htm
Hervorhebungen durch politonline