Finanzkrise: Ein Anti-Korruptionsbeamter redet Klartext

Unzählige Menschen sind schon durch die Finanzkrise geschädigt worden und ein Ende dieser Entwicklung ist noch lange nicht in Sicht,

wie dies die folgenden Ausführungen von TOPIC belegen 1:
 
Die Frage nach der rechtlichen Verantwortung wird jedoch meistens mit dem Hinweis beantwortet, das habe schliesslich niemand wissen können, die Finanzwelt sei längst viel zu kompliziert geworden. Das kann man auch differenzierter sehen: Mitte November 2009 hielt Dr. Wolfgang Hetzer einen bemerkenswerten Vortrag bei der Euro Finance Week, einer der grössten Veranstaltungen des Banken-  und Versicherungssektors. Sein Thema: »Finanzkrise zwischen Risikomanagement und Strafverfolgung« kommt nicht von ungefähr. Hetzer arbeitet beim Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) in Brüssel, das zur EU-Kommission gehört. Gleich zu Beginn seiner Ausführungen liess er durchblicken, dass er gerade ein gewisses berufliches Risiko einginge: »Meine dienstliche Hierarchie lebt in der ständigen Sorge, dass ich gelegentlich eine eigene Meinung habe und sie auch äussere. Diese Sorge ist begründet.«
 
Und dann wurde er deutlich: »Die Finanzkrise ist keine Krise, sondern das unvermeidliche und vorhersehbare Ergebnis einer systematischen Fehlentwicklung, an deren Beginn persönliches Versagen, professionelle Inkompetenz, politische Nachlässigkeit und kriminelle Energie stehen.« Sie zeige, »dass sich Teile der Wirtschaft von kulturellen und gesellschaftlichen Bedingungen abgekoppelt haben und eigenen asozialen Gesetzmässigkeiten folgen.« Die Finanzindustrie habe die Voraussetzungen ihres Erfolgs mit angeblich neu geschaffenen Produkten auf Kosten der Allgemeinheit selbst gestaltet. Die Möglichkeiten, eigene Verluste auf den Steuerzahler abzuwälzen, hätten zu einer Un-Kultur der Verantwortungslosigkeit geführt und Egoismus, Gier und Verantwortungslosigkeit zur Abdankung jenes Unternehmertyps, der noch in einen gewissen ethischen Rahmen  eingebunden sei. Die Finanzkrise demonstriere die Gefährlichkeit eines Vertrauens in Wirtschaftssubjekte, die das Leitbild des ehrbaren Kaufmanns aufgegeben haben und der Logik der Mafia folgen. Sie offenbare aber auch, »den Bankrott politischer Führungen, die ohne Kenntnis einschlägiger Gesetzmässigkeiten den unhaltbaren Versprechungen der Finanzindustrie aufgesessen sind und ihre Verpflichtungen zur Mehrung des Nutzens der jeweiligen Bevölkerung und zur Abwendung von Schäden nicht erfüllt haben.« In Bezug auf die Chancen, gegen die Verursacher der Krise strafrechtlich vorzugehen, war der Referent pessimistisch: »Heutzutage glaubt man, dass es klüger und langfristig für den Steuerzahler billiger sei, die Banken beherzt zu sanieren. Es hat den Anschein, als ob damit die Frage einer strafrechtlichen Behandlung der Verantwortlichen schon erledigt ist..…. Es bleibt aber diskussionswürdig, ob die endemisch ausgebrochene staatliche Hilfsbereitschaft gegenüber Bankrotteuren grössten Kalibers nicht doch durch drastischere Reaktionen zu moderieren sei.« Angebracht sei dies, »wenn sich in der Wirtschaft kriminogene Verhältnisse entwickelt haben sollten, deren Auswirkungen in einem nie zuvor erlebten Ausmass gemeinschädlich sind.« Die globalen Finanzmärkte hätten sich anscheinend in Tatorte verwandelt, wo sich hochintelligente Individuen tummeln, die mit überlegenem Fachwissen und krimineller Energie eine unübersehbare Vielzahl von Menschen schädigen und die Vernichtung ganzer Unternehmen organisieren. Insofern bleibe - unabhängig von einer strafrechtlich definierbaren Schuld - doch zu prüfen, wer verantwortlich ist.
 
In diesem Zusammenhang stellte Hetzer zwei interessante Fragen. Erstens: »Was wäre, wenn sich Personen und Kollektive als Akteure auf den Finanzmärkten dieser Welt verabredet hätten, um in krimineller Weise ihrem Bereicherungsstreben zu frönen und dabei ganze Wirtschaftssysteme destabilisieren?« Und zweitens: »Leben wir in einer Epoche, in der sich Organisierte Kriminalität als Wirtschaftsform etabliert hat und in der die Politik auf Hand- und Spanndienste für hochqualifizierte Verschwörer reduziert ist?« Der europäische Korruptionsfahnder deutet hier etwas an, was ungeheuerlich ist: Es gibt ein globales Netz des Bösen in der Finanz- und Wirtschaftswelt, das längst dabei ist, die Menschen für seine Zwecke brutal auszubeuten.
 
Im August letzten Jahres berichtete TOPIC in seiner Ausgabe Nr. 8, dass Michael Mross in seinem Internet-Informationsdienst www.mmnews.de behaupte, dass man derzeit in Berlin diskutiere, ob zur finanziellen Rettung Deutschlands über eine Sparer-Zwangsabgabe (SZA) nachgedacht werden könnte. Ein solches Vorhaben könnte eine Billion € in die Staatskasse spülen, wenn 20 % des Sparvolumens vom Staat eingezogen würden. Genau dieser Prozentsatz sei im Gespräch. Denn die Deutschen horten etwa 5.2 Billionen € und sparen immer weiter. Aber auch ärmere Menschen sollen irgendwie zur Kasse gebeten werden. Nun würden 20 % eine reine Zwangsenteignung darstellen, die von der Verfassung her gesehen gar nicht möglich ist; dennoch  müssen die Schulden irgendwie bezahlt werden. Oder man streicht sie einfach. Angeblich hätte George W. Bush zu Angela Merkel gesagt, dass Deutschland 2015 keine Schulden mehr hätte. Wenn das stimmt, würde das bedeuten, dass die Mächtigen dieser Erde wohl nur noch einen wirklichen Ausweg aus der Schuldenfalle sehen: die globale Währungsreform. Dafür, so TOPIC, spricht exakt, was zur Zeit abläuft: eine ungebremste Verschuldung fast aller Staaten dieser Erde.
 
 
Quelle: TOPIC Nr. 12 vom Dezember 2009 und Nr. 8 vom August 2009
Hervorhebungen durch politonline