Gaza -Verdrehung von Tatsachen - Offener Brief an den Präsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Dr. h.c. Gerster

In Ihrer pro-israelische Propagandaschrift »Ursache und Wirkung nicht vertauschen« fordern Sie die Bundesregierung zu weiterer Hilfe bei der Desinformation der Bevölkerung auf, obwohl diese doch schon in vollem Gange ist:

In vorauseilendem Gehorsam vor den israelischen Kriegsverbrechern, die seit Tagen in Gaza ein Blutbad ohnegleichen anrichten, verdrehen gerade Merkel und Steinmeier die Tatsachen von Ursache und Wirkung im Nahostkonflikt so vehement und schamlos, als ob die Bundeskanzlerin und der Außenminister in ihren Ämtern Angestellte des zionistischen Staates seien. Anstatt eine sofortige Einstellung der Bombardierung der wehrlosen Zivilbevölkerung in Gaza zu fordern, fungieren beide - genau wie Sie - als Lautsprecher der israelischen Propaganda, und derweil gehen Massenmord und ethnische Säuberung weiter. Jeder, der sich nicht nur über die mittlerweile gleichgeschalteten deutschen Medien informiert, weiß, daß Israel keinen Frieden will, sondern das gesamte Land Palästina - nur ohne die Menschen, die dort leben. Seit Jahren lebt die Bevölkerung in Gaza abgeriegelt, auf Gedeih und Verderb auf ihre israelischen Kerkermeister angewiesen, die den Schlüssel zu diesem großen KZ namens Gaza haben. Weder die Bundesregierung, noch Christen wie Sie haben gegen dieses Experiment protestiert, das Uri Avnery treffend so beschreibt: »Man wolle herausfinden, wie lange man eine Bevölkerung Hunger leiden lassen und ihr Leben zur Hölle machen könne, bevor sie breche. Dieser Test erfolgt mit großzügiger Hilfe Europas und der USA.«
 
Herr Dr. Gerster, dieses eingepferchte Volk hat jedes legitime Recht auf Widerstand gegen seine Vernichtung! Es sind nämlich genau dies die westlichen Werte, die in die weite Welt hinausgetragen werden: Krieg, Mord und Totschlag, Bombardements, Besatzung, Vertreibung, Vernichtung, Zerstörung, fleißig gefördert von als Christen verkleideten Barbaren.
 
»Moscheen, Schulen, Krankenhäuser, Universitäten, Märkte, Einkaufszentren und viele, viele Wohnhäuser« seien von den Israelis angegriffen und zerstört worden, so Vitorio Arrigoni, der sich als Freiwilliger der Solidaritätsbewegung »Free Gaza« im Gazastreifen aufhält. Zu den Zielen israelischer Luftangriffe gehörten bisher Wechselstuben, ein Lager für Inkubatoren für Neugeborene, eine Fabrik für Verbandsstoffe, Wohnhäuser, Verwaltungsgebäude, Hafenanlagen, zwei Trinkwasserwerke und eine Kläranlage nördlich von Gaza-Stadt. Nach den Verlautbarungen der gleichgeschalteten deutschen Medien und unserer Regierung, die es nicht wagt, Israel zu kritisieren, alles Hamas-Ziele. Und wie gehabt können wir damit rechnen, für den Aufbau der von den Israelis zerstörten Infrastruktur zur Kasse gebeten zu werden - bis zur nächsten Zerstörung.
 
Eines Tages werden sich »Barak, Olmert, Livni und Ashkenazi.....wegen Kriegsverbrechen vor Gericht verantworten müssen, wie andere Kriegsverbrecher. Daher ist es unsere Pflicht, über ihre Taten und Äußerungen zu unterrichten, um sicherzustellen, daß sie für die Massaker bezahlen, die sie befohlen und begangen haben.«  Nicht die Hamas hat den Schlüssel in der Hand, wie uns die israelische Propaganda, eine feige Regierung und Lobbyorganisationen wie die Ihre eintrichtern wollen, sondern einzig und allein Israel, das keinen Frieden will. Deshalb gebührt auch Ihnen - neben der Kanzlerin - eine Tasse palästinensischen Kinderbluts, das massenweise vergossen wird. Wohl bekomm’s. Kein Frieden ohne Gerechtigkeit!
 
Claudia Karas vom Aktionsbündnis für einen gerechten Frieden in Palästina  
 
Rede des Bundestagsabgeordneten Norman Paech - Wer rechtswidrig besetzt, hat kein Recht auf Verteidigung   
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe palästinensische Mitbürgerinnen und Mitbürger,
ich kann mich kaum an einen derart schrecklichen Jahreswechsel wie diesen erinnern. Mit einem Krieg in Palästina, der ein Massaker unter der Bevölkerung des Gazastreifens angerichtet hat, ohne daß ein Ende dieses furchtbaren Gemetzels abzusehen ist. Schrecklich war dieser Jahreswechsel aber nicht nur für die Menschen im Gazastreifen.
 
Er ist auch schrecklich und beschämend für  Israel, die ganze arabische Welt, die Europäer und die US-Amerikaner, denn sie haben seit Jahren - seit Jahrzehnten - keine ernsthaften Bemühungen unternommen, um einen dauernden Frieden zwischen den beiden Völkern im Nahen Osten zu sichern. Die Regierungen können sich nicht länger etwas vormachen. Die Wahrheit ist, daß die sogenannten Friedenskonferenzen von Madrid über Oslo, Camp David, Taba bis Annapolis zu nichts anderem geführt haben, als zu immer gewalttätigeren Konfrontationen zwischen Juden und Arabern und schließlich auch zwischen den Arabern selbst.
 
Angriff von langer Hand vorbereitet
Der jüngste Luftkrieg gegen den Gazastreifen ist ein von langer Hand vorbereiteter Angriff, der nicht etwa eine spontane Reaktion auf die Raketen der Hamas ist. Der Zeitpunkt ist genau kalkuliert: es ist nicht das erste Mal, daß ein Krieg die Wahlchancen der härtesten Kriegstreiber verbessern soll, und in Israel stehen Neuwahlen unmittelbar bevor. In den USA ist der alte Präsident auf dem Rückzug aus dem Amt und der neue Präsident Obama ist noch nicht im Amt. Der alte steht voll hinter dem israelischen Krieg, und der neue ist ganz offensichtlich unentschlossen. Er vermeidet es, sein Wahlversprechen zu bekräftigen, dem Völkerrecht wieder den ihm zukommenden Platz in der US-Außenpolitik einzuräumen. Das ist kein gutes Zeichen für die zukünftige Nahost-Politik der Obama-Administration. Gerade jetzt ist es notwendig, das israelische Militär von weiteren massiven Völkerrechtsverstößen abzuhalten.
 
Kriegsverbrechen
Die Politik der letzten Jahre hat nie ein ernsthaftes Anzeichen für einen wirklichen Friedenswillen erkennen lassen. Ja, sie ist kriminell, wenn wir die Folgen der Luftangriffe sehen, die zu einem Massaker unter der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen geführt haben. Sie sind durch kein Recht auf Selbstverteidigung oder Notwehr legitimiert, wie es Noch-Präsident Bush und Bundeskanzlerin Merkel behaupten. Das sind eindeutige Kriegsverbrechen, eine vollkommen unverhältnismäßige Reaktion auf die Raketen der Hamas. Der Gazastreifen ist mit 365 km² kaum halb so groß wie Hamburg mit 755 km². Er hat aber mit 1,5 Millionen Menschen fast so viele Einwohner wie Hamburg mit 1,7 Millionen. Er ist das dichtestbesiedelte Land der Welt. Kein Luftangriff kann die von dem Kriegsvölkerrecht geforderte Unterscheidung zwischen geschützten Zivilisten und legitimen Kampfgegnern gewährleisten. Der Vorwurf der israelischen Armee, die Hamas-Kämpfer würden sich hinter den Zivilisten verstecken und diese als Schilde mißbrauchen, ist angesichts der Bevölkerungsdichte und der Unmöglichkeit, sich durch Flucht den Angriffen zu entziehen, nur zynisch. Es ist schon eine Verhöhnung des Rechts, wenn die Unzahl der zivilen Toten und Verletzten, die Zerstörung der Wohnungen und zivilen Einrichtungen mit Selbstverteidigung gerechtfertigt werden. Und es ist eine zynische Haltung, gegen die Fortsetzung der Luftangriffe und die Weigerung der israelischen Regierung, mit der Hamas über einen Waffenstillstand zu sprechen, faktisch nichts zu unternehmen und statt dessen die Leistung von medizinischer und humanitärer Hilfe zu fordern.
 
Sie wollen nicht abziehen
Die Sicherheit Israels wird durch diesen barbarischen Akt der Bestrafung nicht gefördert, sondern weiter gefährdet. Er provoziert die Radikalität des Gegners und heizt die Eskalation der Gewalt an. Vieles spricht dafür, daß dies auch so gewollt ist, weil die politisch Verantwortlichen in Israel den von ihnen in Friedensverhandlungen geforderten Abzug aus den besetzten Gebieten nicht akzeptieren wollen.
 
Betrachten wir die Realität: Seit 1967 hält Israel das Westjordanland und den Gazastreifen besetzt. Es hat zwar vor drei Jahren seine Truppen und Siedler aus dem Gazastreifen zurückgezogen, hat aber die volle Kontrolle über das kleine Territorium zu Wasser, in der Luft und zu Land behalten. Seit dem Wahlsieg der Hamas im Januar 2006 bestraft Israel mit der Unterstützung der EU und der USA die Bevölkerung durch eine unmenschliche Abriegelung und wirtschaftliche Blockade des Gazastreifens. Die UNO spricht von einer  »tiefen Krise der Menschenwürde« und Uri Avnery bezeichnet die Blockade als einen Akt des Krieges, der das ganze Leben im Gazastreifen paralysiert hat: »Diejenigen, die die Grenzübergänge geschlossen haben - unter welchem Vorwand auch immer - wußten, daß es unter diesen Bedingungen keinen wirklichen Waffenstillstand geben kann.« Seit dem Beginn der Blockade beklagt der UN-Menschenrechtsausschuß immer gravierendere Verstöße der Abriegelungspolitik gegen die Menschenrechte. Das sind schwerwiegende Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das haben im Dezember vergangenen Jahres US-amerikanische Anwälte Ministerpräsident Ehud Olmert zu Recht in einer Strafanzeige beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag vorgeworfen.
 
Recht  der Besetzten auf Widerstand, kein Recht der Besatzer auf Verteidigung
Wie jedes Volk unter rechtswidriger Besatzung haben auch die Palästinenser ein Recht auf Widerstand. Für eine rechtswidrige Besatzung gibt es aber kein Recht auf Verteidigung, sondern nur die Verpflichtung, die Besatzung vollständig aufzuheben. Während der letzten sieben Jahre sind 14 Israelis zumeist durch Raketen vom Gazastreifen getötet worden. In der gleichen Zeit wurden mehr als 5000 Palästinenser mit Waffen getötet, die auch aus den modernsten Arsenalen der US-Armee stammen. Und während keine Raketen vom Westjordanland aus abgeschossen wurden, starben dort allein dieses Jahr 45 Palästinenser von israelischer Hand. Das ist die Realität der Besatzung, in der jede Art von Waffenstillstand nur dann einen Sinn hat, wenn die Besatzung selbst verschwindet.
 
Auch die EU für den militärischen Exzess verantwortlich
Wer hingegen eine Politik der Strangulierung und Entwürdigung verfolgt, darf sich nicht wundern, wenn aus der Verzweiflung und Ohnmacht der Opfer Terrorakte entstehen, die die israelische Bevölkerung in der Nachbarschaft des Gazastreifens treffen. Hamas hat das Ruhen der Waffen angeboten. Die israelische Führung ist jedoch dazu nicht bereit. Es nutzen daher auch keine abgewogenen Appelle an beide Seiten, die Waffen ruhen zu lassen. Denn der Kern des Konfliktes liegt in der Blockadepolitik, die das Ergebnis der freien und fairen Wahlen von 2006 nicht akzeptieren will. Diese unverantwortliche Politik haben auch die Regierungen der EU und der USA, im Widerspruch zu ihren eigenen Prinzipien, zu vertreten. Es ist eine Schande, daß sie diese Politik immer noch nicht revidiert haben, sondern die Weigerung Israels zu jeglichem politischen Kontakt mit Hamas auch noch unterstützen. Damit sind auch sie für den militärischen Exzeß der vergangenen Tage verantwortlich.
 
Wir fordern daher:
Sofortiger Stopp der Luftangriffe auf den Gazastreifen; Verhinderung der angekündigten Bodenoffensive; Aufgabe der Blockade und Abriegelung des Gazastreifens; sofortige Aufnahme von Verhandlungen mit der Hamas, um den Raketenbeschuß einzustellen;
Beendigung der israelischen Besatzung. Nur eine politische Lösung auf dem Weg der Verhandlungen vermag für beide Seiten die Sicherheit ihrer Existenz und einen dauerhaften Frieden zu schaffen.   
 
1 Claudia Karas vom Aktionsbündnis für einen gerechten Frieden in Palästina; 4. 1. 09 http://www.deiryassin.org/ und http://www.al-awda.org/
* Siehe auch http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1107 Gaza – Vorhersehbar
2 Die Rede hielt Norman Paech am 2. Januar 09 auf dem Hamburger Gänsemarkt
Quelle: http://www.steinbergrecherche.com/frpaech.htm#Gaza