Pakistan - USA setzen Wechsel an ISI-Spitze durch

Am 29.9. setzte Pakistans Armeestabschef, General Aschfak Perves Kijani, den Leiter des Geheimdienstes ISI (Inter-Services Intelligence), Gen.-Lt. Nadeem Tadsch, ab und ersetzte ihn durch den Leiter der Militäroperationen, Gen.-Lt. Achmed Schudscha Pascha. Pascha war für die Bekämpfung der Aufständischen in den Gebieten nahe der afghanischen Grenze, insbesondere der von der Zentralregierung verwalteten Stammeszone, zuständig [1].

Diese Region ist das Epizentrum einer britischen Operation zur Spaltung Pakistans, die von Teilen des ISI unterstützt wurde. Die Ablösung von Tadsch kann dazu beitragen, diese Pläne zu durchkreuzen. Es ist weithin bekannt, daß Washington und auch Peking auf Tadschs Absetzung gedrängt hatten, weil er die Taliban in Afghanistan und andere Terrorgruppen, darunter separatistische Uiguren in China, unterstützt hatte. US-Generalstabschef Adm. Mullen und CIA-Direktor Michael Hayden hatten Pakistan aufgefordert, den ISI zu reformieren. Was aber noch nicht begriffen wurde, ist, daß Tadsch und frühere ISI-Chefs nicht für Pakistan, sondern für britische Dienste agierten. Seit den 80er Jahren wurden die antisowjetischen Mudschaheddin in Afghanistan von Pakistan durch ISI-Operationen unterstützt, und dies dauerte an, als in den 90er Jahren die Taliban aufgebaut wurden. Der britische Einfluß auf den ISI lief aber nicht über irgendeinen MI6-Verbindungsmann in Islamabad, sondern über weit stärkere Kanäle, nämlich über islamische Sekten, die britische Kolonialherren im 19. Jahrhundert, als Pakistan zu Britisch-Indien gehörte, geschaffen hatten. Tadsch ist Mitglied der Ahamadija-Sekte, die Mirza Gulam Achmad 1845 mit dem Segen der Briten gegründet hatte. Mirza bezeichnete die britische Herrschaft in Indien gerne als Segen Gottes. Der Sitz der Sekte ist heute in London. Tadschs Vorgänger, Gen. Mahmud Achmed, leitete den ISI zur Zeit der Anschläge des 11. Septembers 2001 und mußte zurücktreten, nachdem der Vorwurf aufgetaucht war, er habe geholfen, dem Verdächtigen Mohammed Atta 100.000 $ zukommen zu lassen. Nach seinem Ausscheiden aus den Streitkräften wurde Gen. Achmed Mitglied der Gruppe Tabligi Dschamat. Diese islamische Missions-und Erweckungsbewegung wurde Anfang letzten Jahrhunderts ebenfalls mit dem Segen der Briten gegründet und hat weltweit mehrere Millionen Mitglieder. Es ist bekannt, daß die Achmadijas und Tabligis ebenso wie Hisb ut Tahrir und Al Muhadschirun aufgebaut wurden, um Institutionen islamischer Regierungen zu unterwandern. Der Wechsel an der ISI-Spitze ist ein positives Signal, trifft aber nur einen Teil des Problems. Ein anderer Aspekt ist, daß Afghanistan das größte Opiumland der Welt wurde, seit die NATO dort einmarschierte. Weil ein großer Teil des Opiums in Afghanistan zu Heroin raffiniert wird,  hat der Heroinmißbrauch in Zentralasien, einschließlich China, Pakistan und dem Iran, beispiellose Ausmaße angenommen. Mit den illegalen Einnahmen werden nicht nur die Taliban, sondern auch separatistische Bewegungen von der kurdischen terroristischen PKK bis zu den Uiguren in China finanziert. Die Gelder werden weiter fließen, solange das Drogengeschäft nicht unterbunden wird. Ein dritter Punkt ist die britische Finanzierung orthodoxer islamischer Lehren, wie sie die Taliban und ähnliche aus Saudi-Arabien importierte Gruppen vertreten, wobei der saudische Prinz Bandar eine wesentliche Rolle spielt.
 
Zur Zerstörung des Marriot Hotels in Islamabad am 20. 9. 08 schreibt Strategic Alert unter anderem [2]: Die MI6-Elemente rauswerfen. Um die Bezeichnung Pakistans 11. September  zu verstehen, die die in Lahore erscheinende Daily Times für diesen massiven Angriff wählte, muß man bedenken, welche gewaltige Sicherheitslücke eine solche Tragödie erst möglich machte. Das Marriot Hotel liegt keine 200 Meter vom Parlamentsgebäude und vom Sitz des Obersten Gerichtshofs entfernt. Wegen seiner Lage wurde es von terrorgefährdeten Ausländern in Pakistan als Festung betrachtet. Außerdem übernachten in dem Hotel regelmäßig US-Marines, die auf dem Weg nach Afghanistan sind. Mit anderen Worten: Das  Marriot Hotel war seit langem ein offensichtliches Ziel für Terroristen gewesen.  Wegen wiederholter Terrorzwischenfälle in der Hauptstadt und der gefährlichen Lage, die über dem Indus in der Westhälfte des Landes herrscht, übernahm der pakistanische Geheimdienst ISI in Islamabad die Verantwortung für die Sicherheit. Der Anschlag läßt darauf schließen, daß zumindest ein Teil des ISI mit britischen Diensten zusammenarbeitet, um die Armee zu schwächen, den an Afghanistan angrenzenden westlichen Teil Pakistans wegzubrechen und einen eigenen schwachen Staat zu errichten. Es handelt sich hier um dasselbe Netzwerk, das die Ermordung der früheren Premierministerin Benazir Bhutto im November 2007 organisierte.  Die nicht autorisierten Übergriffe auf pakistanisches Territorium, die US-Kräfte von Afghanistan aus weiterhin durchführen, stärken nur die Entschlossenheit der separatistischen Fraktionen in diesen Westprovinzen - die auch die Schlafmohnanbaugebiete des Landes sind.  Pakistanische Medien meldeten vor kurzem das Auftreten der Gruppe Tablighi Jamaat, die den von den Saudis gesteuerten Wahabiten ähnelt, in Islamabad. Die missionarische Gruppe ist eine der drei größten und am besten beschützten extremistischen islamischen Gruppen in London - die beiden anderen sind Al Muhajiroun und Hizbut Tahrir. All diese Gruppen sind offiziell verboten, in Großbritannien können sie sich allerdings unter dem Schutz von MI6 und mit Geldern aus Saudi-Arabien frei bewegen. Seit Monaten hat EIR sowohl Washington als auch Islamabad gewarnt, daß der wirkliche Feind in Pakistan die alte britisch-imperiale Politik für diesen Weltteil ist, die von einem korrupten ISI in die Tat umgesetzt wird.
 
Pakistan ist Hauptangriffsziel
Am 3.9., drei Tage bevor der von London und Washington begünstigte Asif Ali Zardari der »erste legitime« Präsident Pakistans in diesem Jahrzehnt werden sollte, landete eine Handvoll US-Soldaten in dem kleinen Dorf Angor Adda in den oft abtrünnigen Stammesgebieten an der afghanischen Grenze [3]. Mindestens 20 Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, wurden bei der Aktion getötet. Es war das erste bekannt gewordene Eindringen von US-Truppen nach Pakistan seit dem Einmarsch der USA in Afghanistan 2001. Zwei Tage später entging der pakistanische Ministerpräsident Yousaf Raza Gillani nur knapp einem Angriff auf seinen Konvoi in der Nähe des Flughafens in Islamabad. Pakistans Regierung, Parlament und Militär verurteilten das amerikanische Eindringen außergewöhnlich scharf als Verletzung der nationalen Souveränität, der territorialen Integrität und der UN-Charta - zumal es keinerlei Hinweise auf Aktivitäten oder Präsenz von Al Kaida in der Region gab. Später folgten dann weitere Angriffe aus Drohnen, mit weiteren Toten und Verletzten. Der Sprecher der pakistanischen Armee, Generalmajor Athar Abbas, verurteilte die Angriffe als völlig kontraproduktiv. Wenn man auf diese Weise Aufstände örtlicher Stämme provoziere, werde das den Kampf gegen den Terrorismus weiter erschweren und die Versorgungslinien der NATO von Pakistan nach Afghanistan gefährden. Angesichts der völlig außer Kontrolle geratenen Lage in Afghanistan sind das sehr ernstzunehmende Vorwürfe. Bedenkt man dann noch, daß Rußland die weitere Kooperation und Versorgung der NATO in Afghanistan vom Verhalten des Westens in der Georgienkrise abhängig macht, dann stellt sich immer mehr die Frage, was die wahre Absicht hinter den Angriffen war.
 
Inmitten dieser weit fortgeschrittenen Destabilisierung steht der IWF bereit, dem Land aktive Sterbehilfe zu leisten. Eine IWF-Delegation soll diese Woche in Islamabad eintreffen, nachdem sie schon in einem Arbeitspapier unpopuläre Maßnahmen verlangt hat. Laut IWF-Experten wird Pakistans Leistungsbilanzdefizit im Haushaltsjahr 2008/09 14 Mrd.$ oder 7,7% des Bruttoinlandprodukts betragen. Der IWF empfiehlt, das Defizit auf 4,7% des BIP zu reduzieren und die Subventionen für Strom ganz abzuschaffen. Zusätzlich soll die Privatisierung, die zum Stillstand gekommen war, weil der Oberste Gerichtshof den Verkauf der Stahlhütte Pakistan Steel Mill blockiert hatte, wieder vorangetrieben werden. Der IWF empfiehlt auch, die kommerzielle Landwirtschaft unter die Einkommenssteuer zu stellen, Steuererleichterungen zu eliminieren und die Steuereintreibung zu verschärfen: garantierte Rezepte für soziale Unruhen.
 
Regionale Auswirkungen der Krise in Pakistan 
Die Verschärfung der Lage in Afghanistan und Pakistan berührt die Sicherheitsinteressen Indiens und Chinas. Dazu sollte man die folgenden Elemente der Destabilisierung bedenken, die der britische Geheimdienstexperte Bernard Lewis als Krisenbogen vom Horn von Afrika über den Nahen und Mittleren Osten bis zum Indischen Subkontinent bezeichnet hat: die Unterstützung der Rebellen in Kaschmir durch terroristische Netzwerke in Pakistan, die jüngste Serie von Terroranschlägen in Indien, bei denen indische Behörden britische und amerikanische Drahtzieher untersuchen, und die Verbindung bestimmter Uiguren in Xinjiang (China) zu Netzwerken in Pakistan. Gleichzeitig wird Indien von westlichen Heuschrecken in einem Ausmaß angegriffen, das dem in Rußland in der Jelzin-Ära gleicht.  
 
1 Strategic Alert Jahrgang 22, Nr. 41 vom 9. Oktober 2008
2 Strategic Alert Jahrgang 22, Nr. 40 2. Oktober 2008
3 Strategic Alert, Jahrgang 22, Nr. 37 vom 11. September 2008